Der Preis ist mehr als eine Verleihung

  • Der Deutsche Fernsehpreis braucht Präsenz. Er darf nicht nach der jährlichen Verleihung für elf Monate im Giftschrank verschwinden, um plötzlich wieder aufzutauchen. Man darf sich nicht wundern, wenn der Deutsche Fernsehpreis nur als einmal jährliche, meist schlechte Fernsehshow betrachtet wird, wenn er momentan schlicht und einfach nicht mehr ist als genau das. Wo sind die Diskussionsforen, die Tagungen oder Branchentreffen unter diesem einen wertvollen Label, das Privatsender und Öffentlich-Rechtliche seit 15 Jahren gemeinsam tragen? Das Grimme Institut zeigt, wie es funktionieren kann. Debatten, wie die nahe liegende Frage, was man eigentlich als gutes Fernsehen definiert, könnte in eigenen Veranstaltungen erörtert werden.
  • Der Deutsche Fernsehpreis braucht in seinen Statuten Kontinuität im größtmöglichen Maße, aber gleichzeitig zwingend eine Anpassung an die Fernseh-Wirklichkeit. Das Kategoriensystem gehört mit Bedacht angepasst. Ist eine feste, jährliche Sport-Kategorie wirklich sinnvoll? Herausragende Kommentatoren-Leistungen können über die Sonderpreise für Besondere Leistung geehrt werden und der diesjährige Sieger, das WDR-Magazin „Sport Inside“, hätte als bestes Informationsprogramm nominiert und geehrt werden können. Stattdessen wäre es zwingend geboten die Kreativität und Formenvielfalt des WebTV mit einer eigenen Kategorie zu berücksichtigen und in der Unterhaltung darf man sich fragen, ob nur zwei Kategorien das Spektrum dieses breitesten aller TV-Genres angemessen widerspiegelt.
  • Eine neunköpfige Jury für diese Vielzahl an Genres ist keine ausreichende Grundlage für eine in der Branche anerkannte Jury-Entscheidung. Das soll ausdrücklich nicht als Kritik an den bisherigen Juroren verstanden werden. Aber hier gibt der Grimme Preis die richtige Richtung vor: Getrennte Jurys für die Fachbereiche Fiktion, Information und Unterhaltung, die so für eine höhere Akzeptanz des Deutschen Fernsehpreises als Qualitätssiegel für herausragende Arbeit sorgen. Dies muss das dringendste Anliegen aller Stifter sein - zu Ehren kommender und vergangener Preisträger. Die Ehrung mit dem Deutschen Fernsehpreis muss einen außerordentlichen Wert behalten.

Die Verleihung ist mehr als eine Fernsehshow

  • Ein Ziel, dass sich nicht erzwingen lässt, aber angestrebt werden sollte: Der Deutsche Fernsehpreis muss in den Augen der Stifter, aber auch der Branche, das Highlight des Jahres sein - oder besser gesagt: Er muss es werden. Die fehlende Unterstützung aus der Branche schadet dem Wert der Auszeichnung weitaus mehr als schlechte Einschaltquoten. Hier muss Vertrauen wieder hergestellt werden und deutlich vermittelt werden: Dieser Abend ist der Abend des Deutschen Fernsehens. Die Verleihung muss wieder erstrebenswert werden - für die, um die es geht.
  • Es ist unwürdig den Deutschen Fernsehpreis in einem leblosen Gewerbegebiet vor den Toren Kölns zu verleihen. Noch unwürdiger aber ist es, dies in einem Fernsehstudio zu tun, wo die Branche das Highlight des Fernsehjahres im Smoking und Abendkleid auf Plastikstühlen absitzen muss. Kein Wunder, dass so weder Glamour noch besondere Vorfreude auf die Verleihung selbst entsteht und die großen Namen der Veranstaltung fernbleiben. Eine solche Auszeichnung gehört in die Innenstadt. In ein Theater. Sollte das in Köln nicht zu finden sein, muss man bei der Standort-Suche offen sein. Hier muss das gemeinsame Ziel über regionalen Interessen stehen.
  • Vielleicht ist auch die Form der Preisverleihung eine Überlegung wert. Wäre der Gedanke abwegig, den Deutschen Fernsehpreis eher an den Golden Globes als den Emmys anzulehnen? Ein gesetztes Dinner im exklusiveren Rahmen wertet die Veranstaltung für die, die die Ehre haben daran teilzunehmen, deutlich auf. Das ist schon länger eh ein Wunsch von ARD und ZDF. Auf die Qualität der Show muss das keinen Einfluss haben, wie die Golden Globes Jahr für Jahr beweisen. Es ist viel mehr ein Schritt hin zur Unterscheidbarkeit und Veredlung der Veranstaltung für die, die ausgezeichnet werden sollen.


Eine Fernsehshow hat mehr als einen Preis

  • Es gilt die Prioritäten zu sortieren: Zuerst braucht der Deutsche Fernsehpreis eine breitere und festere Grundlage, dann einen passenderen, attraktiveren Rahmen. Am Ende - und erst am Ende - ist die Verleihung aber auch eine Fernsehshow. Und auch hier gibt es dringenden Handlungsbedarf. Wenn die vier größten deutschen Fernsehsender einmal im Jahr ein Spektakel zu Ehren der Besten veranstalten, muss mehr möglich sein als das diesjährige Trauerspiel. Man kann die Kurve kriegen - der "Bambi" hat es in Bezug auf die Zuschauerzahl in diesem Jahr gezeigt.
  • Der Deutsche Fernsehpreis muss live oder maximal zeitversetzt noch am gleichen Abend über den Sender gehen. Es beschämt alle professionellen Fernsehmacher, wenn manche Stifter zuletzt mit peinlichen Ausreden erklärten, warum dies angeblich nicht möglich sei. Es ist möglich. Man muss es nur wollen. Mit einer um einen oder gar zwei Tage zeitversetzten Ausstrahlung haben die Stifter des Deutschen Fernsehpreises ihrer Auszeichnung mutwillig selbst den größten Schaden zugefügt. Das muss dringend beendet werden. Eine Verleihung lebt von unerwarteten Live-Momenten und dem Gefühl des Zuschauers, dabei zu sein.
  • Keiner der Stifter des Deutschen Fernsehpreises würde sonst eine Fernsehshow auf Sendung geben, die so lieblos und billig produziert wird, wie diese Preisverleihung. Wenn die Inszenierung des Deutschen Fernsehpreises als reiner Kostenpunkt und nicht Prestige-Projekt begriffen wird, fängt das Problem bei den Stiftern selbst an. Wenn sie es ernst meinen, dann muss mehr investiert werden als nötig ist. Wenn es schon ein Abend des Selbstlobes auf die eigene Branche ist, dann doch bitte richtig. Dann doch bitte nach Kräften. Bei welcher Gelegenheit sonst sollte das Fernsehen sich an sich selbst berauschen dürfen - und bitte so, dass man am Fernseher auch etwas davon spürt. Wie Leidenschaft für das eigene Medium aussieht, spürt man in Einspielern und Showacts der Emmys Jahr für Jahr.


Mehr Präsenz, ein aktualisiertes Kategorien-System und eine neu aufgestellte Jury für eine größere Akzeptanz. Eine exklusivere Veranstaltung in attraktiverem Umfeld, um das Interesse der Branche zu beleben. Und am Ende auch eine Show, die mehr Engagement erkennen lässt - und live ausgestrahlt wird. All das wären Ansatzpunkte über die die Stifter des Deutschen Fernsehpreises nachdenken könnten, um der Auszeichnung eine gemeinsame Zukunft zu geben.