Dieser an Aufregungen schon nicht arme Sommer (das Wetter!, Landesverrat!, das Wetter!) ist am Freitagabend noch ein bisschen aufregender geworden: Unter Zuhilfenahme all ihrer Rechenkünste haben drei an unterschiedlichen Orten auf dem Berliner Teufelsberg angekettete Ex-Teilnehmer der RTL-Dschungelshow per Megafon eine Rechenaufgabe gelöst, absichtlich in einem Quiz versagt und eine Nacht in einem alten Atombunker verbracht, um dort abwechselnd in die Ecke zu urinieren, weil ihnen keiner die Chemietoilette gezeigt hat.

Und falls Sie's gerade eilig haben und weg müssen: Damit wären die Höhepunkte des Auftakts der offiziellen Klonfestspiele vom RTL bereits erschöpfend zusammengefasst. Wenn Sie gestatten, folgt an dieser Stelle nach der Werbepause trotzdem noch ein bisschen Text.

Schließlich will der Sender ja an acht weiteren Abenden ehemalige Kandidaten aus "Ich bin ein Star! Holt mich hier raus" erst mit- und dann gegeneinander ins Rennen schicken, bis das Publikum zum Schluss einen übrig lässt, der in der Jubiläumsstaffel Anfang des kommenden Jahres nochmal ins Camp einziehen darf. Aus dem "Holt mich hier raus" ist in der Sommer-Variante deswegen ein "Lasst mich wieder rein" im Titel geworden, und aus dem Baumhaus im australischen Dschungel ein Fernsehstudio in Hürth, dem offiziellen deutschen Fernseh-Outback fern jeglicher Zivilsation.

Nun ist es nicht so, als hätte sich die Mannschaft keine Mühe gegeben, alles möglichst heimelig zu gestalten: "stern tv" hat seine Dschungel-Nachberichterstattungs-Pflanzenkulisse zur Verfügung gestellt; die Promis dürfen über eine Hängebrücke ins Studio einlaufen; und die Voting-Durchsage ist traditionsgemäß mit Wortspielchen garniert ("Dustin soll ins Camp semmeln? Wählen Sie die -02"). Sogar Dr. Bob hat sich nach Köln holen lassen, um mal zu schauen, wo die verrückten Deutschen Ende Januar immer wieder hin zurückfliegen müssen.

Aber es ist halt doch nicht dasselbe. "Hallo Deutschland, und guten Abend aus – ja, auch aus Deutschland", scherzte Zietlow zur Begrüßung, und Hartwich meinte nach der Werbepause: "Da sind wir wieder – bei den Innovationswochen von RTL".

Ans Original reicht die Privatkopie freilich nicht heran, trotz des schönen Comic-Vorspanns. Im Wesentlichen besteht die "Mission Sommerdschungel" nämlich daraus, Kulissen zu suchen, an denen sich die Promi-Trios ein bisschen triezen lassen, ohne dass RTL den Hinflug teuer bezahlen muss. Zum Start wurden seine Ex-Exzellenz Costa Cordalis mit den Vasallen Werner Böhm und Dustin Semmelrogge in Berliner Beton-Überbleibsel aus dem Kalten Krieg gesperrt und mit den eingangs erwähnten Aufgaben betraut, die häppchengerecht in mehrere Film-Portiönchen zerlegt und mit kommentierten Best-of-Zusammenschnitten von früher abgewechselt wurden.

"Das ist schlimmer als der Dschungel", behauptete Böhm zwischendurch, und wenn er mit "schlimmer" "öder" gemeint hat, dann kann er von Glück sagen, bloß die eine Nacht im Bunker mitgemacht zu haben – und nicht wie die treuen RTL-Zuschauer vorher im "Duell der Jahrzehnte" mit ansehen musste, wie Verona Pooth, Formel-1-Quassler Kai Ebel, Arabella Kiesbauer und ein als alter Mann verkleideter Nils Bokelberg zur früheren Werbemelodie einer Rum-Marke tanzwippten und Oliver Geissen die Spannung auf den Höhepunkt trieb, indem er ankündigte: "Die Schlacht 'Zauberwürfel gegen Tamagotchi' – wer wird das Rennen machen"?

Es war insofern gar keine schlechte Alternative, die anschließend im Ersatzcamp geboten wurde, insbesondere weil die drei Promis ihre Rollen hervorragend zu spielen wussten. Cordalis nutzte das ihm zur Kommunikation mit den angeketteten Kollegen überlassene Megafon auf dem Teufelsberg zuallererst, um "Anita" reinzusingen; Böhm legte sich permanent mit dem als Ersatz-Ranger engagierten Rumschubser "Ivan" an; und Semmelrogge hat akzeptiert, dass seine Bekanntheit inzwischen im Wesentlichen auf seinem damaligen Dschungel-Sofort-Ausstieg beruht und macht jeden Gag darüber bereitwillig mit.

Kurzzeitig überzeugte er sogar beim Quiz, das er im Geheimen sabotieren sollte, und überzeugte seine Mitrater tatsächlich davon, dass sein Vater mit Vornamen angeblich Michael heißt. Böhm widerum war anzusehen, wie sehr er sich ins Zeug legte, um dem Publikum zu gefallen und zumindest diesmal als Sieger dazustehen. Am Ende aber wählten die Zuschauer doch wieder ihren – am wenigsten durch Aktion aufgefallenen – König Costa, der nun im Finale von IBESLMWR die Chance zur Wiederwahl bekommen könnte.

Ein paar Fragen sind am Ende aber doch noch unbeantwortet geblieben, zum Beispiel:

Wie würde das wohl aussehen, wenn Hartwich in jeder von ihm moderierten Sendung sagen dürfte, was er wirklich von ihr hält ("Es wird toll, sagt der Sender")?

Stehen die Promis jetzt am Ende immer in Kabinen, um beim Alte-Ausschnitte-Quiz für Falschantworten mit einer völlig kakerlakenfreien Glibberdusche bestraft zu werden? ("Ich hab das doch nicht mehr weitergeguckt!", beschwerte sich Semmelrogge eingeglibbert.)

Hätte RTL – zu Gunsten des nächsten Team-Buffets in Australien – nicht noch ein paar Euro mehr sparen können, auf die Live-Show verzichten und die Moderatoren nach gesendeter Vorab-Aufzeichnung einfach vor einen Bus stellen, um dort dann die Zuschauer-Entscheidung der zweitgrößten Show ever verkünden zu lassen?

Und vor allem: Wer zur Hölle soll sich das Ganze jetzt in den kommenden acht Abenden nochmal mit anderen Prominenten ansehen?