Das muss man erst mal schaffen: Ausgerechnet bei einem Thema, bei dem alle einer Meinung sind, kommt es in diesen Tagen bei den Vereinen der Bundesliga zum Disput. Auslöser ist die Ankündigung des Sponsors Hermes, an diesem Wochenende seine Werbefläche auf dem linken Trikotärmel der Flüchtlingsaktion "Wir helfen" zur Verfügung stellen zu wollen. Das ist sicher gut gemeint, wird jedoch vielerorts kritisch gesehen, weil hinter der Kampagne die "Bild"-Zeitung steht, die in der Vergangenheit nicht gerade durch eine asylfreundliche Berichterstattung aufgefallen ist.

Man kann dem Springer-Blatt daher ein Stück weit Scheinheiligkeit unterstellen, wenn es sich jetzt für Menschen stark macht, die auf der Flucht sind vor Krieg und Terror. "Besser spät als nie", könnte man nun einwenden. Und das ist freilich richtig - wäre da nicht dieser peinliche Tweet von Chefredakteur Kai Diekmann gewesen, der den schon seit jeher sehr alternativen FC St. Pauli in die AfD-Ecke drängte und ihm mitsamt des lächerlichen Hashtags #refugeesnotwelcome vorwarf, "kein Herz für Flüchtlinge" zu haben. Geht es Diekmann also wirklich um die Flüchtlinge oder vor allem darum, sich am Logo der "Bild"-Aktion auf den Ärmeln von mehr als 400 Bundesliga-Spielern zu erfreuen?

Zu befürchten ist Letzteres, denn Diekmanns Kritik traf die Falschen, schließlich engagierte sich der FC St. Pauli schon für Flüchtlinge als die "Bild"-Zeitung noch fragwürdige Ansichten über Flüchtlinge verbreitete. Dass sich nicht mehr Vereine nach Diekmanns haltloser Unterstellung mit St. Pauli solidarisierten, verwundert dann doch. Inzwischen steht der Kiezklub immerhin nicht gänzlich alleine mit seiner Meinung da: Weitere Zweitliga-Vereine haben sich dazu entschieden, am Wochenende auf den "Wir helfen"-Aufnäher zu verzichten. "Wir wissen, dass die 'Bild'-Zeitung nicht Unicef ist", sagte Rudi Raschke, Sprecher des SC Freiburg, am Donnerstag, bevor sich die Chefetage zusammensetzte, um über die strittige Frage zu diskutieren. Es sei ein "sehr schwieriges Abwägen", betonte er und sprach davon, dass die Hilfeverpflichtung eigentlich über allem stehen sollte.

Mittlerweile ließ der SC Freiburg verlauten, ohne den veränderten Ärmel-Aufnäher gegen die Bielefelder Arminia auf den Platz gehen zu wollen, und der 1. FC Nürnberg kündigte an, die Aktion zwar generell unterstützen, aber auf die "besondere Promotion des Medienpartners verzichten" zu wollen. Union Berlin stellte gar in Aussicht, lieber sein geplantes Fanhaus für die Wintermonate als Flüchtlingsunterkunft zur Verfügung stellen zu wollen. Und auch der VfL Bochum und der MSV Duisburg kündigten an, sich nicht an der "Bild"-Aktion beteiligen zu wollen, was freilich keineswegs bedeutet, dass sich die Vereine nicht engagieren würden. So wollen die Duisburger Spieler etwa in einem speziellen Trikot mit der Aufschrift "Refugees welcome" auflaufen.

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Dass die Klubs überhaupt abwägen müssen, an einer Aktion für Flüchtlinge teilzunehmen, zeigt den eigentlichen Kern des Problems. Es wäre für die millionenschwere DFL doch ein Leichtes gewesen, eine Kampagne auf die Beine zu stellen, hinter der sich alle 36 Top-Vereine der beiden höchsten Spielklassen wiederfinden. Mit dem Spaltpilz "Bild" im Boot ist das allerdings nicht möglich. Das sehen übrigens auch viele Fans so: Erst am Donnerstagabend hielten BVB-Sympathisanten beim Europa-League-Spiel ein Transparent mit dem Hashtag "#BILDnotwelcome" hoch. Dahinter war in Anspielung an den neuen Claim des Springer-Blatts zu lesen: "Die Flüchtlingskatastrophe fürs eigene Image zu instrumentalisieren - das bringt nur Bild".

Immerhin hat sich die "Bild" nach dem Aussetzer ihres Chefredakteurs am Freitag einen Schritt in Richtung des FC St. Pauli zubewegt: Die Zeitung feierte den Kiezklub zusammen mit dem HSV als "Meister im Helfen". Das attestierte sie in den übrigen Regionalausgaben allerdings auch anderen Vereinen.

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