Auch wenn RTL II-Chef Andreas Bartl zuletzt im DWDL.de-Interview noch erklärte, er wolle den Sender nicht "zum neuen arte erheben", ist es eine Tatsache, dass der Sender viel mehr ernstere Formate im Programm hat als noch vor einigen Jahren. Die Sozialdokus gehören mit Abstrichen sicherlich dazu, 2018 startete man aber auch eine Reihe, in der man sterbenskranke Menschen begleitete und ihnen ihre letzten Wünsche erfüllte. In "Hier & Jetzt" begleitete man Ende 2018 zudem Menschen, die an unheilbaren Krankheiten leiden. 

Ganz so schwere Kost ist "Raus mit der Sprache - Nie wieder stottern" nicht, aber es ist dennoch ein Thema, das viele Menschen bewegt. Rund 800.000 Menschen sollen in Deutschland stottern, viele von ihnen werden deshalb gemobbt. Das wissen die acht Protagonisten, die in der neuen Sendung im Mittelpunkt stehen, nur zu gut. Sie alle stottern mehr oder weniger stark und wollen den Sprachfehler durch eine Therapie endlich loswerden. 

Das besondere an der Sendung ist die Tatsache, dass die Experten, die den Stotterern dabei helfen sollen, nicht vom Sender oder der Produktionsfirma Good Times ausgesucht wurden. Es gibt den Kurs tatsächlich und ein Kamerateam hat das viertägige Programm lediglich mit der Kamera begleitet. Das Ganze nennt sich McGuire Programm und verspricht den Betroffenen eine erhebliche Verbesserung innerhalb von nur vier Tagen. Die Kursleiterin sowie ihre sechs Experten sind zudem auch alle Stotterer, haben das im Laufe der Zeit aber in den Griff bekommen. 

"Raus mit der Sprache" hat eine Brutto-Sendezeit von einer Stunde, kommt während dieser Zeit aber sehr emotional daher. Die Geschichten der Kurs-Teilnehmer, die nicht nur gemobbt und ausgegrenzt wurden, sondern auch von Suizid-Gedanken erzählen, gehen unter die Haut. Einer sagt, er würde auf sein Bein verzichten, wenn er endlich wieder flüssig sprechen könnte. Ein anderer macht einen Job, den er ohne das Stottern wohl nie gewählt hätte. Auch die Geschichte des 14-jährigen Dustin, der bereits acht Therapien absolviert hat, von denen aber keine wirklich geholfen hat, macht betroffen. Ausgerechnet er ist es auch, der am kritischsten ist und wenig Chance auf Heilung sieht. 

Betroffene leiden, werden aber nicht vorgeführt

Dass es die nicht zu 100 Prozent gibt, sagt die Leiterin des Kurses recht früh. Sie rät den Betroffenen daher, das Sprechen wie einen Sport zu sehen. Man müsse das ganze Leben lang am Sprechen arbeiten, könne dann aber eben auch Erfolge erzielen. In der Sendung heißt es dann auch, dass es verschiedene Arten des Stottern gibt - wie diese genau aussehen, wird leider nicht erklärt. Als Zuschauer sieht man nur Betroffene, die unterschiedlich stark stottern. 

Die Sendung kommt trotz des sensible Themas nie voyeuristisch daher, "Raus mit der Sprache" führt seine Protagonisten nicht vor, sondern nimmt sie und ihre Probleme ernst. Es ist eine sehr sehenswerte Sendung, die Good Times da für RTL II produziert hat. Gerade auch, weil man sieht, wie die Betroffenen leiden. Wenn "Raus mit der Sprache" nur eine Person, die Menschen mit Sprachfehler ausgrenzt, dazu bringt, sich zu hinterfragen, wäre schon viel gewonnen. 

Grundsätzlich gab es in der ersten Ausgabe etwas zu viele Geschichten der Protagonisten und zu wenig Einblicke in den Kurs. So hat man lediglich gesehen, wie die Stotterer zum Beginn des Kurses ein kurzes Interview vor laufender Kamera geben mussten. Am sogenannten "Schweige-Tag" wurden grundlegende Techniken trainiert, um das flüssige Sprechen zu unterstützen. Das nahm allerdings nur einen zu kleinen Teil am Ende ein. In den kommenden Wochen dürfte sich das ändern, drei weitere Folgen wird RTL II noch zeigen.  

RTL II zeigt drei weitere Folgen von "Raus mit der Sprache - Nie wieder stottern" immer donnerstags um 20:15 Uhr.