Hin und wieder muss man mit dem Mythos aufräumen, aus Deutschland kämen keine TV-Ideen. Die TV-Messe MIPCOM verdeutlichte das in den vergangenen Tagen sehr deutlich. Nachdem es zuletzt mit „Rising Star“ und „Utopia“ so aussah als würde es zwei internationale Hit-Formate geben, die sich dann jedoch in der Praxis schwerer tun als gedacht, war die MIPCOM 2014 weniger geprägt von einzelnen Großformaten. Einen herausragenden Messehit gab es nicht. Und so galt es tiefer einzutauchen, um ein Stimmungsbild und Gefühl für gerade spannende Genre zu bekommen.



Am Ende der MIPCOM, nach langen Tagen mit zahlreichen Terminen, Screenings und Gesprächen, lässt sich ein Bild vom non-fiktionalen Angebot gewinnen. Es sind drei kleine Trends zu bemerken, die jedoch für Deutschland nur mäßig spannend sind. So ist weiter Gamification ein wichtiges Schlagwort. Klassisch als Gameshow (spannend hier: „The Algorithm“ von All3Media) oder in Genres wie z.B. Dating, in denen ein spielerisches Wettbewerbs-Element Spannung erzeugen soll. Schade eigentlich, dass sich das deutsche Fernsehen besonders in der Daytime so schwer tut mit dem Genre Gameshow.

Darüber hinaus sind weiter soziale Experimente ein großer Trend von dem auch ProSiebenSat.1-Tochter Red Arrow profitieren kann. Mit „Escape your life“ (Ein neues Leben auf Probe leben) und „Married at first sight“ (Verheiratet sein auf Probe) waren dort zwei Formate dieses Genres bei der diesjährigen MIPCOM sehr gefragt. Weniger nachgefragt auf der Messe war hingegen das Thema Kochen. Die etablierten Formate verkaufen sich weiter gut, doch der Appetit lässt darüber hinaus derzeit nach - eine aus deutscher Sicht auch wenig überraschende Entwicklung. Irgendwann ist schließlich auch mal gut.

Interessanter als die Trends im Non-Fiktionalen war die Beobachtung, wie prominent mancher Produzent deutsche TV-Ideen in Cannes promotet. So brachte ITV Studios die in Deutschland entwickelte Gameshow „Quiz Duell“ mit zur MIPCOM und präsentierte es als eines seiner Messe-Highlights. Doch die Popularität dieses Formats hängt riskanterweise an der Popularität der im Englischen „Quiz Clash“ genannten App, deren Zenit gefühlt schon überschritten ist. Verkäufe des Formats wurden bis zum Mittwochabend jedenfalls noch nicht vermeldet.

Möglicherweise mehr Aussicht auf internationalen Erfolg hat eine der wenigen Eigenentwicklungen von UFA Show & Factual der vergangenen Jahre: „Himmel oder Hölle“ fand in Cannes große Aufmerksamkeit. Sowohl Fremantle Media selbst als auch zahlreiche Fach-Publikationen, die zur MIPCOM traditionell mit Sonderausgaben erscheinen, hoben das in Deutschland bei ProSieben laufende Format hervor. Für die seit zehn Jahren auf Castingshows abonnierte Produktionsfirma („DSDS“, „Supertalent“, „X Factor“) ist die erfolgreiche Eigenentwicklung auch eine kleine Unabhängigkeitserklärung.

Auch Endemol schickte bei der diesjährigen MIPCOM gleich zwei deutsche Eigenentwicklungen neu in die internationale Vermarktung: „Schulz in the box“ wurde als „Host in the box“ angepriesen und der NDR-Überraschungserfolg „Kaum zu glauben“ als „Hard to believe“. Beide Formate waren allerdings anders als bei ITV Studios, Fremantle oder ZDF Enterprises nicht als Highlight des Messe-Angebots beworben und flogen noch etwas unter dem Radar. Umso erfolgreicher und schon mehrfach exportiert: Das Format hinter „Deutschlands Superhirn“ (ZDF). Bei dieser MIPCOM wurde es erneut international verkauft - diesmal nach Frankreich. Ein aktuelleres Messehighlight von Endemol, das Casting-Format „The singer takes it all“, ist zumindest für Deutschland eher unspannend. An Musikcasting mangelt es uns nicht und „Rising Star“ sowie „Your face sounds familiar“ waren zuletzt keine Erfolge.

Überraschende Neuigkeiten gab es noch von „Wetten, dass..?“: ZDF Enterprises hält der Showidee der Mainzer treu die Stange und konnte bei der MIPCOM einen weiteren Verkauf vermelden: Das Format wurde nach Spanien verkauft. Bei uns endet „Wetten, dass..?“ bekanntlich im Dezember.