Zweimal im Jahr trifft sich die internationale Fernsehwelt im südfranzösischen Cannes zu den wichtigsten TV-Messen der Branche: Der MIPTV im Frühjahr sowie MIPCOM im Herbst. An diesem Wochenende reisen mehrere tausend Besucher aus aller Welt wieder an die Côte d'Azur. Und die, die bereits am Samstagabend vor Ort waren, erlebten das schlimmste Unwetter in der Region seit mehr als vier Jahrzehnten. Obwohl starker Regen hervorgesagt wurde, überraschte das Ausmaß des Unwetters die Region Alpes-Maritimes  - jenen Küstenabschnitt, der sich von der französisch-italienischen Grenze im Osten bis westlich nach Cannes erstreckt. Weitere wichtige Städte der Region sind Nizza und Grasse. Laut französischen Medien fiel zwischenzeitlich 20cm Regen in weniger als zwei Stunden. Doch der Regen dauerte bis in die Nacht weiter an.

Am schwersten getroffen wurde dabei die Region rund um den Festival-Ort Cannes, der neben der zweimal jährlich stattfindenden Fernsehmessen auch Heimat mehrere international bekannter Festivals ist. Nach Angaben der französischen Nachrichtenagentur AFP sind bis zum Sonntagmorgen 13 Todesopfer des Unwetters zu beklagen. Drei Menschen starben als ein Altenheim nahe Antibes im Osten Cannes’ überschwemmt wurde. Im westlich von Cannes gelegenenen Mandelieu-la Napoule wiederum starben fünf Menschen bei dem Versuch, ihre Autos vor den Fluten in Sicherheit zu bringen. In Cannes ertrank den Angaben zufolge eine Frau in einer gänzlich überfluteten Straße, in Golfe-Juan starben drei Menschen und auf einem Campingplatz in Antibes ein Mensch.

Einheimische und bereits angereiste Messe-Besucher teilten am Samstagabend Bilder und Videos der überfluteten Innenstadt von Cannes via Instagram und Twitter mit der Welt. Es sind unwirkliche Bilder der Verwüstung in einer Stadt, die an diesem Sonntag ihre Wunden lecken muss. Glücklicherweise ist kein weiterer Regen im Laufe des Sonntages und in den kommenden Tagen vorhergesagt. Doch die Schäden sind angerichtet. So befürchten die Rettungskräfte laut französischen Medien im Laufe des Sonntages weitere Todesopfer des Unwetters in der Region, die sich auch in abgeschiedene Dörfer in Hügeln und Bergen erstreckt. In mehr als 100.000 Haushalte kam es am Samstagabend zu  Stromausfällen. Auch noch am Morgen danach, so teilte der Stabschef des Département Alpes-Maritimes am frühen Sonntag mit, seien 29.000 Haushalte in der Region rund um Cannes und Nizza ohne Stromversorgung.

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Von den zeitweisen Stromausfällen waren auch zahlreiche Hotels betroffen, wie bereits angereiste Messebesucher dem Medienmagazin DWDL.de bestätigen. Selbst die "Luxushotels" an der Croisette kämpfen auch am Morgen danach noch mit Wassser- und Stromausfällen. Doch das sind wahrlich Luxusprobleme: Östlich von Cannes, rund um den Ort Antibes, mussten hunderte Urlauber von Camping-Plätzen evakuiert werden, weil der Fluss Brague durch die massiven Regenfälle über die Ufer trat. Der Zugverkehr rund um Cannes kam am Samstagabend zum völligen Erliegen. Auch am Sonntagmorgen ist noch nicht absehbar, wann der normale Fahrplan wieder hergestellt wird. Der in den vergangenen zwei Jahren gerade erst neu gebaute Bahnhof von Cannes stand in der Nacht völlig unter Wasser. Gleisabschnitte auf der Strecke zwischen Nizza und Cannes seien unterspült, berichteten Anwohner in sozialen Netzwerken.

Nicht nur deshalb wird die Anreise nach Cannes für tausende Messe-Besucher am Sonntag eine schwierige Angelegenheit. Auch der Flughafen Nizza musste am Samstagabend zeitweise den Flugverkehr einstellen. Einige Flüge wurden nach Marseille und Lyon umgeleitet, weitere Flüge von und nach Nizza gestrichen. Abgesehen von den Nachwirkungen dieser umgeleiteten oder gestrichenen Flüge soll der Flugverkehr am Sonntag jedoch wieder normal laufen. Seit Mitternacht ist der Flughafen wieder geöffnet. Komplizierter wird die Weiterreise ins 30km entfernte Cannes, die von den meisten Messebesuchern via Bus oder Taxi erfolgt. Am frühen Sonntagmorgen waren weiterhin Teile der Autobahn A8 gesperrt. Auch Landstraßen in der Region wurden von den Einsatzkräften weiterhin vorsorglich gesperrt. Aufgrund der massiven Überflutungen bestehe die Gefahr von unterspülten Staßen.

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Für den Sonntag haben sich zahlreiche Politiker aus Paris in der Region angekündigt, um sich ein Bild von der Verwüstung an der Côte d'Azur zu machen - darunter der französische Innenminister Bernard Cazeneuve sowie selbst Präsident François Hollande. So wie die Region und ihre Einwohner erst am Morgen danach bei Tageslicht einen Eindruck des Ausmaßes des Schadens erhält, ist auch noch unklar welche Folgen das Unwetter für die Fernsehmesse MIPCOM mit ihren rund 14.000 Besuchern hat. Im Herbst wird das Ausstellungsgelände im Palais des Festivals um mehrere Zelte am Strand von Cannes erweitert. Ob diese das Unwetter überstanden haben, ist unklar. Aber auch Firmen mit Ständen im Palais bangen noch: Ein Teil der Ausstellungsfläche liegt im Kellergeschoss. Noch dazu hatte es in den vergangenen Jahren schon bei leichteren Regenfällen Wasserschäden durch undichte Stellen im Dach gegeben.

Vorerst aber, während die Rettungskräfte sich weiterhin ein Bild des Ausmaßes machen, gilt für alle anreisenden MIPCOM-Besucher der dringende Hinweis, dass für die Weiterreise vom Flughafen Nizza nach Cannes mehr Zeit als üblich eingeplant werden sollte. Am Tag nach diesem schlimmsten Unwetter in der Region seit vier Jahrzehnten hat die Region verständlicherweise andere Prioritäten als Reisende zu transportieren. Die wiederum werden ab heute zwar Cannes wieder im Sonnenschein erleben. Doch mit Auswirkungen aufgrund der Schäden an Hotels und Restaurants ist auch in den kommenden Tagen noch zu rechnen. In welchem Ausmaß die MIPCOM stattfinden kann, wird sich erst im Laufe des Sonntages klären.

Update 9.50 Uhr: Nach DWDL.de vorliegenden Informationen ist auch das Ausstellungsgelände der MIPCOM rund um das Palais des Festivals vom Unwetter nicht verschont geblieben. Mehrere Etagen im Palais sind von in der Nacht eingedrungenen Wassermassen betroffen. In Folge dessen gibt es heute morgen, am Tag vor dem Messestart, keinen Strom im Gebäude. Vorerst dürfen keine weiteren Stand-Bauarbeiten im Palais vorgenommen werden. Eine offizielle Stellungnahme von MIPCOM-Veranstalter Reed Midem steht noch aus.

Update 12.15 Uhr: Inzwischen hat sich der Veranstalter der MIPCOM, Reed Midem, zu Wort gemeldet: Die Messe soll morgen wie geplant eröffnet werden. Auch ein Premieren-Screening finde heute Abend wie geplant im Palais des Festivals statt. Die am Wochenende bereits laufenden MIPjunior muss am Sonntag jedoch ihre Screenings im Hotel Martínez ausfallen lassen, da das Hotel größere Wasserschäden erlitten hat. Der Konferenzteil der MIPjunior wurde ins Palais des Festivals verlegt

Update 15.00 Uhr: Für die Fahrt vom Flughafen Nizza nach Cannes sollte deutlich mehr Zeit eingeplant werden als normal. Fahrtzeit diverser MIPCOM-Besucher, die sich bei uns gemeldet haben: Zwischen 75 und 90 Minuten. Dazu kommen lange Schlangen am Taxistand vor dem Flughafen.