Gegenüber Fernsehsendern hat Netflix ja einen entscheidenden Vorteil: Anders als die klassischen Kanäle reichen dem Streamingdienst ein paar frische Serien-Minuten pro Woche, um seine Kunden glücklich zu machen. Wer jedoch einen klassischen Fernsehsender betreibt, der muss sein Programm rund um die Uhr mit Inhalten bestücken – klar, dass da nicht nur Formate gezeigt werden, die im Verdacht stehen, im nächsten Jahr den Grimme-Preis abzuräumen. Und damit es auch weiterhin genügend Quatsch gibt, über den sich TV-Kritiker aufregen können, haben sich Produktionsfirmen in aller Welt größte Mühe gegeben, neue Nonsens-Ideen zu entwickeln. Einige davon ließen sich in den vergangenen Tagen auf der Fernsehmesse MIPTV in Cannes bestaunen.

Dabei gibt es gewissermaßen zwei Arten von Quatsch: Jenen, über den man womöglich noch herzhaft lachen kann, weil er so absurd ist, dass man kaum glauben mag, was man da gerade gesehen hat – und jenen Quatsch, über den man schlicht den Kopf schütteln kann. Zu letzterer Sorte gehört ganz gewiss die in Israel entwickelte Show "Shoot Me If I'm Wrong", deren Titel eigentlich schon alles aussagt, was man wissen muss. Kurz erklärt: Wer eine Frage falsch beantwortet, wird abgeknallt. Zwar bloß mit Paintballs und nicht mit einer geladenen Kalaschnikow, aber zumindest gefühlt ist der Weg dorthin gar nicht mehr so weit, wenn Quiz-Kandidaten im Fernsehstudio ständig den roten Laserstrahl auf der Brust haben, der signalisiert, dass im wahrsten Sinne des Wortes jederzeit das Licht ausgeknipst werden kann. Insbesondere in Zeiten wie diesen will man so etwas nun wirklich nicht sehen. 

Shoot Me If I'm Wrong© CreateIt Studio

Nicht extrem, aber einfach purer Quatsch ist unterdessen ein Format namens "The Running Show", auf das Messebesucher schon durch eine große Werbefläche auf der großen Treppe am Palais hingewiesen werden. Darauf zu sehen: Ein menschlicher Körper mit Pferdekopf und Trainingsanzug. Falls Sie sich nun zu Recht fragen, was es mit dieser gruseligen Gestalt auf sich hat. Nun, der Pferdemensch ist quasi ein Talkshow-Gastgeber, der seine Gäste beim Joggen interviewt und diverse Fragen unter seiner Pferdemaske nuschelt. Ob dadurch ein ernstzunehmendes, respektive irgendein Gespräch herauskommt, ist unklar. Angesichts der Eindrücke, die man auf der MIPTV sammeln konnte, ist allerdings davon auszugehen, dass der Tiefgang während des Laufens wohl eher – Achtung, Kalauer – auf der Strecke bleibt.

Tiefgang sucht man auch bei diversen Datingshow-Konzepten vergebens, die sich alle Mühe geben, einen neuen Twist in dieses Genre zu bringen. Da wäre etwa das spanische Format "Date My Avatar" zu nennen, bei dem sich schon nach kurzer Zeit die Frage stellt, warum zum Teufel man überhaupt eine künstliche Figur kennenlernen soll. Oder noch blöder: "Him or me", eine Show, in der der eigene Hund den potenziellen Partner des Herrchens auswählt. Das ist aber noch allemal besser als "Resurrection Make Over": Die japanische Produktionsfirma Fuji TV hielt es offenkundig für eine gute Idee, die Gesichter längst verstorbener Menschen nachzubilden und sie einem wildfremden Menschen aufsetzen, der in dieser Montur die Angehörigen besucht. 

Was vielleicht auf dem Papier gut gemeint ist, kommt wahrlich spooky daher, wenn der vor 40 Jahren verstorbene Onkel plötzlich im Raum steht und seine Enkelin in die Arme nimmt. Das ist ein ganz gutes Beispiel dafür, dass das Fernsehen nicht immer all das tun sollte, was auch tatsächlich möglich ist. Gelungener ist da schon die Idee, die hinter der niederländischen Sendung "With Love From Above" steht, in der todkranke Menschen ihren liebsten Menschen vor ihrem Ableben zutiefst emotionale Video-Botschaften hinterlassen. Das ist persönlich und mancher wird es ganz sicher als zu persönlich empfinden. Besser als Opas Wiederaufstehung mit Gummimaske ist es aber in jedem Fall.