Es hat gebrannt. Drei Kinder sind tot. Ballauf und Schenk stehen fassungslos in dem, was das Feuer übrigließ. Die Kamera fängt die Fassungslosigkeit ein. Sie muss sie aus den Gesichtern der Kölner Ermittler lesen, denn sie sprechen kaum. Das, was sie sehen, hat ihren Sprachfluss weitgehend versiegen lassen. Aus den Betten ragen verkohlte Händchen und Füßchen. Mehr muss man nicht zeigen, um zu fühlen, was hier passierte.

Dieser „Tatort“ steigt stark ein und lässt nicht nach. Er schiebt den Zuschauer förmlich durchs Geschehen. Er schiebt, weil freiwillig wohl niemand die entscheidenden Schritte vorwärts unternehmen würde. Man weiß sehr schnell sehr wohl, was einen erwartet. Das Grauen zerbrochener Existenzen. Am nahen Rheinufer wird eine Frau gefunden. Die Mutter. „Mein Mann“ hat sie gerufen, doch da ist kein Mann. Er bleibt lange verschwunden. Nach und nach stellt sich heraus, dass wenig stimmte in dieser Familie, die nun ganz offenbar Opfer einer Brandserie geworden ist.

Es wird renoviert im Kriminalbüro. Das steht sinnbildlich auch für einen Neuanfang. In der Januar-Ausgabe des Kölner Teams ist die Assistentin Franziska zu Tode gekommen. Das hat ganz offenbar alle Uhren auf Null gestellt. Irgendwo hängt noch ein Bild von Franziska. An ihrem Platz sitzt jetzt Tobias, eine Aushilfe, die sehr wach ist und viele Dinge schon erledigt hat, wenn den Kommissaren einfällt, sie anzufordern.

Torsten C. Fischer hat diesen Film nach einem Buch von Dagmar Gabler inszeniert und konnte sich dabei auf die bewährten Bilder von Kameramann Holly Fink verlassen. Fink weiß, wie man Menschen fängt, er rückt ihnen auf die Pelle, geht nah ran, zeigt ihre Poren.

Vor allem die Mutter steht im Zentrum. Susanne Wolff spielt sie mit atemberaubender Präsenz und unglaublicher Gleichförmigkeit. Doch während ihr Gesicht starr bleibt, ist in ihren Zügen doch zu sehen, was dahinter brodelt. Das Feuer brennt weiter in dieser Frau, es treibt sie ins Vergessen. In Richtung Wahnsinn wurde sie schon vorher getrieben. Langsam stellt sich heraus, dass ihr Mann schon vor Jahren seinen Job verlor, dass er offenbar schon länger nicht mehr daheim war.

Keine Figur stört, niemand verwässert die Dichte dieses Films, der sich davor hütet, die Welt einzuteilen in Gut und Böse, in schuldig und unschuldig. Zunehmend wird die Frage unwichtiger, wer denn nun der Mörder ist. Vielmehr wird gezeigt, wie leicht man abrutschen kann aus einer Welt, in der eben noch alles glänzte, unter der aber brüchige Fundamente sichtbar werden, wenn der Sturm der Entwicklung mal strenger pfeift.

Selbst Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär fallen für die Dauer dieses Films ein wenig aus ihren sonst so fest gestanzten Rollenbildern, was allein schon durch einen verminderten Wortanteil auffällig wird. Die beiden brabbeln nicht mehr alles mit Erklärungen für Strunzdumme zu. Zwar muss Behrendts Ballauf noch ein, zwei Mal mehr oder weniger grundlos den lauthals Empörten geben, aber das gleicht Bärs Figur Schenk aus. Überhaupt, dieser Schenk. Der entwickelt sich. Bär hat sichtlich abgenommen. Das hat seinen Schenk schmaler gemacht, und nun gewinnt er eine Kontur jenseits seiner gewohnten Stoffeligkeit.

Am Schluss ist dann einfach Schluss. Keine Hoffnung, keine Wurstbude. Fall gelöst, aber das Ende ist kein glückliches. Manchmal ist die Welt eben genau so grau, wie dieser „Tatort“ sie zeigt. Das genau so zu zeigen, ist die Leistung eines formidablen Teams, das man für diese Leistung nur loben kann.