Es muss Liebe sein. Anders ist nicht zu erklären, was Regisseur Martin Eigler da im neuen Stuttgarter „Tatort“ anstellt. Die Liebe gilt Blicken über Gefängnismauern. Immer wieder lässt Eigler die Kamera von Andreas Schäfauer an den Mauern entlang fahren, immer wieder gleitet sie hoch über die Mauer, und dann gleitet sie noch etwas entlang am Stacheldraht. So lange, bis es auch der allerletzte kapiert hat. In diesem Film geht es um das Drinnen und das Draußen und darum, dass der Unterschied zwischen diesen beiden Zuständen manchmal ein bisschen verschwimmt.

Als Hintergrund dient der Mord an einer Frau, bei der fremde Hautpartikel sichergestellt werden. Die stammen von einem, der ein wasserdichtes Alibi hat, denn er sitzt in Zuffenhausen im Knast. Weil aber schon einmal so ein seltsamer Fall die Kripo erstaunt hat, muss nun ein Kommissar als Schließer hinter Gitter.

Da fängt das Verwirrspiel dann an, denn der Schauspieler Richy Müller, der den Kommissar Torsten Lannert spielt, ist auf einmal Peter Seiler, ein mit Schlüsselgewalt ausgestatteter JVA-Angestellter. Als solcher soll er undercover den Umtrieben hinter Gittern auf die Spur kommen, gerät aber natürlich schon bald selbst unter Druck. „Du denkst zu viel, Seiler. Das stört den Ablauf“, sagt einer seiner Kollegen. Und das ist erst der Anfang.

Dass in der Anstalt, also diesmal nicht in der ARD, sondern in der in Zuffenhausen, so manches nicht in Ordnung ist, merkt der Zuschauer spätestens, wenn er mitbekommt, dass der Sicherheitschef der JVA von Herbert Knaup gespielt wird. Da weiß man gleich: Aha, Knaup spielt mit, der wird schon keine Nebenrolle haben, der zählt doch eher zum zentralen Bösewichtlager. Und genau so kommt es dann auch. So einige haben da mehr Dreck am Stecken als die Polizei erlaubt, und dann wird auch noch ein Kollege von Seiler erhängt im Wald gefunden. Da gerät mancher unter Druck.

Das macht Eigler, der das Drehbuch gemeinsam mit Sönke Lars Neuwöhner geschrieben hat, überdeutlich, indem er mit Vorliebe Überwachungskameras ins Bild nimmt, sich öffnende und sich schließende Türen. Dazwischen vergisst er natürlich nicht die Fahrten am Stacheldraht entlang.

Und dann ist da ja noch der andere Kommissar, der Kumpel von Seiler alias Lannert alias Müller. Der heißt Sebastian Bootz (Felix Klare) und hat viel damit zu tun, dass ihm die Familie abhanden gekommen ist und in seine Hände ein Schreiben von einer Rechtsanwaltskanzlei gerät. Seine Frau will die Scheidung. So ganz nebenbei muss er aber auch noch seinen Kumpel im Knast schützen.

Es entwickelt sich eine sehr zähe Handlung, eine, an der man als Zuschauer sehr rasch das Interesse verliert, weil bald schon klar ist, dass da Verbrecher ein- und ausgehen, wie es ihnen beliebt. Allein die Art und Weise, wie sie das tun, bleibt offen, die aber ist irgendwann auch schnurzpiepegal.

Man möchte nur noch raus aus diesem Langeweilespiel. Aber das geht nicht. Da sind ja die Mauern und der Stacheldraht. Kein Entkommen.

Der einzige Gedanke, der bleibt, ist der, dass dies der vorläufig letzte „Tatort“ aus frischer Produktion ist. Danach wechseln sich Fußball und die Wiederholung alter Episoden ab, weshalb diese Rubrik in die wohlverdiente Sommerpause geht und erst im August wieder mit neuem Stoff gefüttert wird.