Anfang des Jahres lief der letzte „Tatort“ mit dem Berliner Team Ritter (Dominic Raacke) und Stark (Boris Aljinovic). Es war ihr 30. Fall. Schon damals war bekannt, dass der rbb sein Team abschaffen wollte, weshalb Raacke frühzeitig die Segel strich. Aljinovic hat dann die Gelegenheit ergriffen, noch eine Ausgabe als Solo abzudrehen. Diese Folge läuft an diesem Sonntag, und wieder einmal ist die Geschichte des Berliner „Tatort“ vor allem die von vielfach verpassten Chancen.

Eine Frau kommt zu Stark und berichtet von ihren Visionen. Sie habe im Traum gesehen, dass eine Bekannte namens Lisa getötet werde, von einem Mann in Latzhose. Stark lässt das eher gelangweilt zu Protokoll nehmen und wundert sich schwer, als einige Zeit später wirklich eine Lisa ermordet wird. Was bis dahin nur der Zuschauer weiß: Von einem Mann in Latzhose. Plötzlich kommt Unruhe in die Ermittler, denn die Visionistin hat schon wieder geträumt, und in ihrem Traum gibt es Schüsse, Blut und einen darin liegenden Mann.

Die Frage, wer das wohl sein könnte, beantworten sich gestandene „Tatort“-Kenner im Schlaf. Es beginnt also ein etwas absehbarer Wettlauf mit der Vorsehung.

Der von Klaus Krämer erdachte und inszenierte Film hätte ein richtig guter werden können, weil solch eine Konstellation die Chance beinhaltet, das Prophezeite mit der Realität abzugleichen, mit esoterischen Klischees zu spielen, den Täter immer wieder mal bedrohlich am Rande auftauchen zu lassen, die Opfer naiv in die Nähe der für sie geschaufelten Grube tapsen zu lassen. Was hätte Hitchcock aus solch einer Vorlage gemacht?

Leider hat sich Krämer entschieden, nicht die in der Luft liegende Spannung Film werden zu lassen, sondern den scheidenden Kommissar in den Mittelpunkt zu stellen, besser: zu setzen. Stark ist jetzt Chef. Früher war er nur der Kleine neben einem Großen. Jetzt ist er der Kleine an einem übergroßen, viel zu aufgeräumten Schreibtisch. So wie er da in Szene gesetzt wird, wirkt er, als könne er kaum über den Rand des Tisches schauen. Man ist mehrfacht versucht, nach einem Kinderstühlchen zu rufen, damit der kleine Stark von den Großen auch gesehen werden kann. Die Botschaft ist deutlich: Da ist jemand seiner Aufgabe nicht gewachsen oder ihrer zumindest überdrüssig.

Aber diese Bilder und die vergebenen Chancen auf Spannung sind nicht die eigentliche Schwäche dieses Films. Es ist vor allem die Art und Weise, wie die Menschen in diesem „Tatort“ sprechen müssen. Sie sprechen, und sie machen dabei so viele Pausen, dass man irgendwann den Verdacht nicht loswird, dass es ohne diese Pausen allenfalls für einen Kurzfilm gereicht hätte. Das wirkt sehr gestelzt. Es sind Dialoge, die aus hartem Holz geschnitzt wurden, und wenn Stark dann ohne Kinderstühlchen am Monsterschreibtisch sitzt und Bildchen malt, ergießt sich zusätzlich noch von allen Seiten eine Klaviersauce, die wohl nach Satie klingen soll, letztlich aber nur wirkt wie etwas zu aufdringlich geratene Aufzugsmusik.

So kommt alles, wie es kommen muss, und am Ende bleibt nur die Gewissheit, dass das Berliner „Tatort“-Gespann nun Geschichte ist. Trauer? Nö. Stärker wirkt das Gefühl einer Befreiung. Das Feld ist nun geräumt für bessere Kommissare, für bessere Geschichten, für bessere Regisseure. So kann einem Ende auch die Hoffnung auf einen neuen Anfang innewohnen. Tröstlich.