Das Film Festival Cologne geht in diesem Jahr zwischen dem 9. und 16. Oktober über die Bühne. Erneut können interessierte Menschen im Rahmen des Publikumsprogramms wieder Einblicke in verschiedene Produktionen erhalten. Hinzu kommt ein Fachprogramm für Kreative, etwa Netzwerktreffen oder auch Showcases. Möglicherweise werden Besucherinnen und Besucher der zahlreichen Veranstaltungen Veränderungen zu 2024 erleben, denn in diesem Jahr steht dem Festivalteam um Leiterin Martina Richter deutlich weniger Geld zur Verfügung.
Ein Rundruf von DWDL.de bei den drei Förderern - Land NRW, Film- und Medienstiftung NRW und Stadt Köln - hat ergeben, dass das Film Festival Cologne in diesem Jahr auf Fördergelder in Höhe von 890.000 Euro zurückgreifen kann. Das ist deutlich weniger als vor einem Jahr, als dem Team noch 1,05 Millionen Euro zur Verfügung standen. Es ist ein Minus von rund 15 Prozent. Vor allem das Land NRW hat sein Engagement deutlich zurückgefahren und gibt statt 650.000 (2024) nur noch 450.000 Euro. Ein Sprecher des Landes erklärt das gegenüber DWDL.de mit "Einsparungen im Landesetat".
Zu den 890.000 Euro hinzu kommen noch Eintrittsgelder für die diversen Veranstaltungen sowie weitere Sponsorings. Wie hoch das Gesamtbudget in diesem Jahr ist, will man beim FFCGN auf Nachfrage nicht mitteilen. Fest steht: Vor allem die Einschnitte in der Förderung durch das Land NRW treffen das Festival hart. Festivalleiterin Martina Richter spricht von "erheblichen Herausforderungen". Die "zentralen Alleinstellungsmerkmale" des Festivals sollen nicht berührt werden. Martina Richter meint hier unter anderem die Vielfalt und die Internationalität des Programms, aber auch die ganzjährige Kommunikation über Newsletter, Social Media und die Website sowie die kontinuierliche Festivalpräsenz mit Formaten wie den Sneak Peeks und dem Kino-Sommer.
Wo gespart werden soll
Eingespart werden soll das Geld an anderen Stellen. Man habe sich dazu entschlossen, "auf kostenintensive Druckwerke und Anzeigenschaltungen zu verzichten", erklärt Martina Richter gegenüber DWDL.de. Außerdem würden größere Empfänge reduziert und man habe auch das Raum- und Veranstaltungskonzept angepasst, etwa bei den Film Festival Cologne Awards. Diese wurden 2024 noch im Kölner E-Werk verliehen, diesmal findet die Veranstaltung im Filmpalast statt.
Eine Neuerung gibt es ebenfalls hinter den Kulissen. Gemeinsam mit Diversity Culture Cologne ausgearbeitete Diversity-Guidelines sollen dafür sorgen, dass das FFCGN ein "Ort des respektvollen und inklusiven Miteinanders" bleibe, sagt Martina Richter. In den Guidelines ist unter anderem festgeschrieben, dass keine Ausgrenzung oder Abwertung aus Alters-, Geschlechts- oder auch Herkunftsgründen erfolgen dürfe. Homo- und queerfeindliche Kommentare will man demnach ebenso wenig dulden wie abfällige Bemerkungen über die Religionszugehörigkeit von anderen Personen. Während des Festivals soll ein sogenanntes Awareness-Team vor Ort sein, um das Konzept umzusetzen.
Als einen "Ort des respektvollen und inklusiven Miteinanders" hatten einige ehemalige und damals aktuelle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Film Festival Cologne im vergangenen Jahr nicht gerade beschrieben. Einige Personen aus dem Umfeld des Festivals warfen Martina Richter unter anderem vor, ein Klima der Angst zu verbreiten. Die Rede war von Mobbing, Gaslighting, Machtmissbrauch und einem ausbeuterischen Unternehmenssystem inklusive Scheinselbstständigkeiten, auch gegen den Vorwurf des intransparenten Umgangs mit Fördergeldern musste sich Martina Richter wehren (DWDL.de berichtete 1 | 2).
Wirtschaftsprüfer haben Festival durchleuchtet
Die Förderer des Festivals betonten damals, die Vorwürfe ernst zu nehmen und die Sache aufzuarbeiten. Vom Land NRW heißt es dazu jetzt auf Anfrage des Medienmagazins DWDL.de: "Unser Haus stand und steht – wie vom Medienminister 2024 angekündigt – [...] im steten Austausch mit dem Büro des FFCGN. Laut unserem Kenntnisstand konnten durch eine Vielzahl von Gesprächen, Workshops und moderierten Diskussionen die Probleme im Team aufgearbeitet und das Betriebsklima deutlich verbessert werden." Von der Film- und Medienstiftung heißt es, man habe eine "umfassende Prüfung durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft" veranlasst. Diese Prüfung ist abgeschlossen. Das Ergebnis: "Belastbare rechtliche Anhaltspunkte für ein weiteres Vorgehen der Film- und Medienstiftung als Projektmittelgeber ergaben sich dabei nicht."
Und doch reißen die negativen Schlagzeilen rund um das Festival und seine Leiterin nicht ab. Der Deutschlandfunk hat an diesem Dienstag unter dem Titel "In der Grauzone – Machtmissbrauch im Kulturbetrieb" eine Doku veröffentlicht, in der ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich erstmals namentlich äußern und Vorwürfe gegen Martina Richter erneuern. In der Doku geht es aber nicht nur um das Verhalten von Martina Richter, das offenkundig viele ehemalige Mitarbeitende als toxisch wahrgenommen haben.
In der Doku des Deutschlandfunks geht's auch nochmal um möglicherweise zu hohe Angabe bei Besucherzahlen. So seien in der Vergangenheit teils weniger als 20.000 Tickets verkauft worden, während gleichzeitig mehr als 30.000 Besuche kommuniziert worden seien. Es ist ein Vorwurf, der schon im vergangenen Jahr im Raum stand, Martina Richter hatte eine möglicherweise falsche Angabe damals zurückgewiesen.
"Laut unserem Kenntnisstand konnten durch eine Vielzahl von Gesprächen, Workshops und moderierten Diskussionen die Probleme im Team aufgearbeitet und das Betriebsklima deutlich verbessert werden."
Sprecher des Landes NRW
An der Trägerschaft des Film Festival Cologne hat sich derweil nichts geändert. Hinter dem Festival steht nach wie vor die Cologne Conference GmbH von Martina Richter. Vor einigen Jahren gab es Pläne, das FFCGN in eine öffentliche Trägerschaft zu überführen, daraus ist aber bis heute nichts geworden. Und es sieht auch nicht danach aus, als hätte ein solcher Schritt bei den Förderern Priorität. "Aktuell gibt es keine konkreten Pläne, das Film Festival Cologne in eine öffentliche Trägerschaft unter Beteiligung des Landes zu überführen. Dies schließt nicht aus, dass dies in Zukunft ein Thema werden kann", heißt es dazu vom Land NRW. Eine Sprecherin der Stadt Köln betont, dass es der Stadt ein Anliegen sei, den Austausch mit den anderen Förderern sowie der Veranstalterin des FFCGN "über die künftige Ausgestaltung, die Trägerstruktur sowie weitere strategische Fragen zum Filmfestival" fortzuführen.
Inhaltliche Highlights: Viele Debütfilme
Doch welche inhaltlichen Highlights gibt es in diesem Jahr eigentlich auf dem Film Festival Cologne? Präsentiert werden Filme aus Japan, den Philippinen, aus dem Iran, Nigeria, Italien, Island, Kolumbien, den USA und weiteren Ländern. Mit dabei sind auch einige Debütfilme, darunter der Gewinner der Goldenen Kamera in Cannes, "Ein Kuchen für den Präsidenten" von Hasan Hadi aus dem Irak. Oder auch "The Chronology of Water", der erste Langfilm von Hollywood-Star Kristen Stewart. Darüber hinaus gibt’s auch die neuesten Werke etablierter Stars der Festival-Kinowelt zu sehen, etwa von den Brüdern Dardenne, Paolo Sorrentino oder Kelly Reichardt.
Aus dem TV-Bereich wird beim diesjährigen FFCGN unter anderem der Kölner "Tatort: Die Schöpfung" von Torsten C. Fischer ebenso gezeigt wie die in Cannes ausgezeichnete norwegische Serie "A Better Man", die von einem Internet-Troll handelt, der vom Jäger zum Gejagten wird - hier sitzt auch ZDFneo mit im Boot.