Wer in den USA derzeit eine große Übernahme über die Bühne bringen will, braucht dafür zuallererst die Unterstützung eines Mannes: Die des Präsidenten Donald Trump. Schließlich hat der nicht zuletzt bei der Übernahme von Paramount durch Skydance deutlich gemacht, dass er mit seiner Administration zahlreiche Zugeständnisse erzwingen kann, die weniger wirtschaftlich oder kartellrechtlich als politisch motiviert sind. Vor diesem Hintergrund ist es also wohl zu sehen, dass Netflix-Boss Ted Sarandos schon im November einen Termin im Oval Office hatte.
Und er hat es dabei augenscheinlich zumindest geschafft, bei Trump Eindruck zu machen. Der ließ am Rande eines Events in Washington jedenfalls nun wissen, dass Sarandos ein "fantastischer Mann" und eine "großartige Person" sei und er großen Respekt vor ihm habe. Allerdings fügte er mit Blick auf die geplante Übernahme auch an, dass Netflix dadurch einen sehr hohen Marktanteil erreichen würde. "Das könnte ein Problem sein", so Trump.
Gemessen an sonstigen markigen Äußerungen ist das eine vergleichsweise zurückhaltende Einlassung - und sie beschreibt auch schlicht die Realität. Betrachtet man nur den Streaming-Markt, ist Netflix mit großem Abstand sowohl in den USA als auch weltweit Marktführer. Warner ist nicht nur ein bedeutender Produzent von Kino- und TV-Inhalten (nicht nur für den eigenen Dienst), sondern zählt weltweit auch 128 Millionen Abonnentinnen und Abonnenten für HBO Max und seine weiteren Streaming-Angebote. In Kombination würde der Marktführer also noch dominanter.
Netflix selbst wird argumentieren, dass diese Sichtweise zu verengt ist. Der Netflix-Marktanteil bezogen auf die gesamte TV-Nutzungszeit lag laut der Nielsen-Auswertung The Gauge im Oktober nur bei 8,0 Prozent, Warner Bros. Discovery kommt in Gänze auf 1,3 Prozent. Zudem verweist man immer wieder darauf, dass man längst auch im Wettbewerb mit TikTok und Co. um das Zeitbudget der Nutzerinnen und Nutzer stehe. Abgesehen von dieser Betrachtung würde Netflix zwar auch auf dem Produktionsmarkt dominanter, mehrere Gewerkschaften zeigten sich daher bereits alarmiert. Die Sorgen wären bei einem Zuschlag für Paramount oder Comcast aber wohl kaum kleiner ausgefallen.
Der beabsichtigte Deal müsse nun "einen Prozess durchlaufen und wir werden sehen, was passiert", erklärte Trump weiter. Erwartet wird das der Deal vom Jusitzministerium und der Handelskommission, den dortigen Wettbewerbshütern, geprüft wird. Die FCC, die zuletzt bei Paramount/Skydance eine entscheidende Rolle spielte, ist hingegen außen vor, weil Warner kein Network betreibt. Trump kündigte überdies auch an, bei der Entscheidung auch selbst ein Wort mitreden zu wollen - was wieder mehr für eine politische Entscheidung spricht.
Es gilt als offenes Geheimnis, dass Trump eigentlich lieber Paramount als Käufer von Warner Bros. Discovery gesehen hätte. Anders als Netflix war Paramount auch an den Kabelsendern von Warner Bros. Discovery interessiert - und wäre damit unter anderem in Besitz von CNN gelangt. CNN ist Trump seit jeher ein Dorn im Auge - dass künftig die Ellison-Familie mit einem guten Verhältnis zum Weißen Haus dort das Sagen gehabt hätte, wäre Trump sicher zupass gekommen. Beim Netflix-Deal wird CNN gemeinsam mit den anderen Kabelsendern noch vor der Übernahme abgespalten und bleibt daher vorerst als Teil von Discovery Global unabhängig. Auch andere Unternehmen spalten derzeit ihr Kabelsendergeschäft ab, das weiter sehr profitabel aber schrumpfend ist. Eine weitere Konsolidierung käme auch in diesem Bereich wenig überraschend.
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