Der langjährige Burda-Verlagschef Philipp Welte wird das Unternehmen überraschend zum Jahreswechsel verlassen, das hat er nun in einem Interview mit dem "Handelsblatt" angekündigt. Welte übergibt die Verantwortung für das nationale Verlagsgeschäft des Konzerns zum 1. Januar an Jan Wachtel, der von der Bauer Media Group kommt (DWDL.de berichtete). Welte sollte eigentlich in den Verwaltungsrat von Burda einziehen, das ist schon seit vielen Monaten der Plan, dazu wird es nun aber überraschend nicht kommen. 

Er habe viel über den Generationswechsel nachgedacht und fand es richtig, "zur Seite zu treten", sagt Welte nun gegenüber dem "Handelsblatt". Er stehe für Kontinuität und die Nähe zur Familie - "also für das, was geworden ist, aber nicht für das, was werden muss." Generell wolle er der Branche jedoch erhalten bleiben, hält Welte fest. Konkret wird er Vorstandsvorsitzender des Medienverbands der freien Presse bleiben. 

Wenn Welte im Sommer allerdings in dieser Position wiedergewählt werden will, braucht er eine Funktion in einem Verlag. Der langjährige Burda-Manager ließ im "Handelsblatt"-Interview offen, ob er das anstrebt. Grundsätzlich sei er ein "freier Mensch", hat also keinen Wettbewerbsausschluss in seinem Vertrag und könnte sich nach einem neuen Arbeitgeber umschauen. Er wolle aber "sicher nicht" in eine exekutive Verantwortung gehen, so Philipp Welte. "Es gibt ein paar Ideen, was ich machen könnte."

Angesprochen auf die wichtigste Lektion, die er in den vergangenen Jahrzehnten gelernt habe, antwortet Welte: "Dass die Digitalisierung kein Ereignis ist, sondern ein Prozess mit wachsender Geschwindigkeit." Mit dem Wissen von heute hätte man vielleicht eher die Abhängigkeit von Google erkennen müssen, "um uns dagegen zu wehren", so Welte. Alle Medien hätten sich in den letzten 10 bis 15 Jahren auf einen "riskanten Deal mit dem Suchmonopolisten" eingelassen. Suchmaschinenoptimierung sei zur wichtigsten Disziplin geworden, mittlerweile würde Google aber zunehmend eigene Antworten liefern.

"Diese Antworten produziert Gemini, Googles eigene Künstliche Intelligenz (KI), auf der Basis unserer Inhalte. Hunderttausende von redaktionellen Websites werden Tag für Tag von KI-Bots beklaut, und auf dieser inhaltlichen Basis entstehen dann die KI-Substitute unserer Medien. Das ist glatte Enteignung", sagt Welte im "Handelsblatt"-Interview. Er selbst stehe dem Einsatz von KI im Verlagswesen "positiv" gegenüber. Ein im Sommer 2023 herausgebrachtes KI-Magazin mit 99 Pasta-Rezepten bezeichnet Welte inzwischen aber als "einmalige Fehlentscheidung", die "ganz sicher nicht mehr passieren" würde.