Logo: DFLDie DFL spricht in der Mitteilung zum Deal von einem "neuen Vermarktungsmodell" und untertreibt damit maßlos: Die Fußball-Bundesliga hat dem inzwischen 81-jährigen Medienmogul Leo Kirch zurück ins Geschäft verholfen und nebenher das sicher geglaubte Duell zwischen Premiere und der "Sportschau" mächtig aufgewirbelt. Nicht nur, dass Kirch die Rechte an der Fußball-Bundesliga vermarktet: Er produziert künftig indirekt über Tochterfirmen zusammen mit der DFL fertige Bundesliga-Berichterstattungen, die interessierten Sendern angeboten werden sollen. Diese brauchen somit - anders als bisher - keine eigene Redaktion aufzubauen und können gleich das fertige Produkt einkaufen. Das hilft besonders Premiere-Konkurrenten.

Mit diesem neuen Vermarktungsmodell mache sich die Bundesliga unabhängiger von den zunehmenden Unwägbarkeiten des Medien- und Kapitalmarktes, glaubt die DFL. Im Sinne von Clubs und Fans hätten sich die 36 Vereine und Kapitalgesellschaften des Ligaverbandes nach intensiver Marktanalyse und sorgfältiger Prüfung zahlreicher Modelle für diese Lösung entschieden, die strategisches Wachstum, Innovation und Sicherheit verbindet.

Das künftige Vermarktungskonzept besteht im Wesentlichen aus drei Kernbereichen: Die Agentur Sirius wird mit der Ausschreibung der Medienrechte im deutschsprachigen Raum beauftragt. Zusätzlich produziert die DFL zusammen mit Kirch ein fertiges Bundesliga-Programm im Live-Bereich für interessierte Sender oder Plattformbetreiber. Und zu guter letzt will die DFl eine seperate Gesellschaft zur Vermarktung der Auslandsrechte gründen. Dieses dreisäulige Vermarktungsmodell befindet sich bereits in der Abstimmung mit den Kartellbehörden.

Für die kommenden sechs Jahre sichert Leo Kirch den Vereinen gleich drei Milliarden Euro zu. Als Garantie soll es eine Bankbürgschaft in Höhe von 100 Prozent der jeweils fälligen Mindestzahlung pro Saison geben, die zum 1. Januar eines Jahres von einem renommierten Finanzinstitut für die darauf folgende Saison gestellt werden muss. Zusätzlich sind die künftigen Rechteinhaber wie bisher verpflichtet, Lizenzzahlungen mit entsprechenden Garantien abzusichern. Damit werde die Bundesliga über die beste finanzielle Absicherung in ihrer Geschichte verfügen, um einen reibungslosen Spielbetrieb und den sportlichen Wettbewerb zwischen den Clubs nachhaltig zu sichern, teilt man am Dienstag mit.

Aus der Auslandsvermarktung und an weiteren Erlösen (z. B. aus Marketing-Rechten) erwartet die DFL im Zeitraum 2009 bis 2015 Zuflüsse in Höhe von rund 460 Mio. Euro. Damit liege der geplante Umsatz für den Zeitraum 2009 bis 2015 bei rund 3,45 Milliarden Euro. In der laufenden drei Jahre umfassenden Rechteperiode erlöst die Liga nur rund 1,3 Milliarden Euro.

"Für den deutschen Profi-Fußball ist dies ein großer Schritt in die Zukunft", sagt Dr. Reinhard Rauball, Präsident des Ligaverbandes: "Die Liga nimmt ihr Schicksal stärker in die eigenen Hände. Das beschlossene Modell ermöglicht zusätzliche Wachstumschancen auf dem bedeutenden Feld der Medien-Vermarktung und garantiert gleichzeitig ein Maximum an Sicherheit im Interesse von Clubs und Fans. " Christian Seifert, Vorsitzender der DFL-Geschäftsführung: "Das neue Modell ist ein konsequenter Schritt in der Entwicklung der Bundesliga. Die DFL vermarktet künftig nicht mehr nur Rechte, sie übernimmt zusätzlich Produktverantwortung. Dadurch wird die Anzahl der möglichen Bieter deutlich erweitert. Ein qualitativ hochwertiges Bundesliga-Programm bietet den Akteuren im Plattform-Wettbewerb der Zukunft neue Perspektiven."

Der Deal im Detail: Sirius und die neue TV-Tochter

Zunächst einmal beauftragt die DFL die Agentur Sirius, ein neugegründetes Tochter-Unternehmen von Leo Kirchs KF 15 GmbH & Co KG, für die nächsten beiden Ausschreibungen mit der Durchführung der Vermarktung der TV- und Internetrechte an der Fußball-Bundesliga. Sirius werde die Vergabe im Auftrag der DFL entsprechend den Anforderungen der und in Abstimmung mit den Kartellbehörden durchführen. Die Erstellung der Ausschreibungsunterlagen erfolge in enger Abstimmung zwischen DFL und der Agentur. Wie bisher entscheidet auch weiterhin der DFL-Vorstand über die Annahme von Medienverträgen, bei Verträgen von über 30 Mio. Euro pro Jahr die Mitgliederversammlung. Der Agentur werden keine Rechte übertragen. Vertragspartner der künftigen Rechteinhaber bleibt wie bisher der Ligaverband. Der Ausschreibungsprozess für die kommende Rechteperiode wird voraussichtlich im Frühjahr 2008 beginnen - und damit einige Monate später als erwartet. Hintergrund: Erst dann könne man auch konkrete Spielplan- und Verwertungsszenarien präsentieren.

Ab der Saison 2009/10 vergibt die DFL im PayTV-Markt nicht mehr nur die Ausstrahlungsrechte, sondern will wie schon vermutet ein fertig produziertes Produkt anbieten. Dieses Angebot ermögliche es künftigen Interessenten, die Bundesliga ohne größeren Aufwand und mit geringen Vorab-Investitionen ins Programm zu nehmen. Es ist ein Wettbewerb, der Premiere nicht gefallen dürfte, macht er doch den Einkauf der PayTV-Rechte für Wettbewerber einfacher. DFL als auch Sirius betonen in ihrer Mitteilung am späten Dienstagnachmittag aber ausdrücklich, dass man keine eigenen Endkunden-Beziehungen aufbauen wolle.

"Das neue Modell erlaubt es uns, das Endprodukt langfristig weiter zu entwickeln, gleichzeitig die Marke Bundesliga nochmals massiv zu stärken und von dieser Wertsteigerung zu profitieren", sagt DFL-Geschäftsführer Tom Bender, der unter anderem als Sportchef und Mitglied der Geschäftsleitung für diverse Sender (u. a. Premiere) tätig war.

Zur Produktion des Programms planen DFL und Sirius die Gründung eines gemeinsamen Unternehmens. Die DFL hält daran einen Anteil von 49 Prozent, Sirius 51 Prozent. Über den Namen oder weitere Details wurden noch keine Angaben gemacht. Dafür teilt die DFL mit: "Die redaktionelle Unabhängigkeit ist gewährleistet." Wie dies sichergestellt werde, wird allerdings nicht erwähnt. Im Vorfeld der offiziellen Bestätigung des Vorhabens von DFL und Kirch wurde schon deutliche Kritik an der Zusammenarbeit laut, da redaktionelle Einflussnahme der DFL auf das Endprodukt befürchtet wurde. "Wenn eine Pflichtabnahme der produzierten Beiträge von der DFL vorgesehen ist, würde das eine Knebelung der Sender bedeuten", kritisierte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken.

Die Bundesliga hat sich Leo Kirch ins Boot geholt. Sein Versprechen, der Liga in den kommenden sechs Jahren insgesamt drei Milliarden Euro Einnahmen zu bescheren, hat also offenbar reizvoll genug geklungen um die Panik und Dramatik der Kirch-Pleite vor fünf Jahren vergessen zu machen, die damals für Existenzängste bei den Bundesliga-Clubs sorgte. Wie Kirch künftig 500 Millionen Euro pro Saison einnehmen will, ist unklar. Neu ist die gemeinsame Content-Produktion durch eine neue Tochterfirma von Bundesliga und Kirch-Tochter Sirius. Ob sich so der Wettbewerb um die PayTV-Rechte beleben lässt und damit Mehreinnahmen zu erzielen sind, bleibt abzuwarten. Am Ende des heutigen Tages steht nur eins fest: Leo Kirch ist wieder im Mittelpunkt der deutschen Medienlandschaft - und die DFL hat ihm dazu verholfen. Wer am Ende wem mehr nutzt, bleibt die spannende Frage.