Foto: ARD/Eberhard Aug"Wir bedauern die Entscheidung des IOC sehr", erklärt Noch-EBU-Präsident Fritz Pleitgen (Foto) in einer Pressemitteilung des europäischen Senderverbundes und ergänzt: "Die EBU-Mitglieder waren überrascht von den hohen finanziellen Erwartungen des IOC." Pleitgens Nachfolger an der EBU-Spitze ab 1. Januar, Jean-Paul Philippot vom belgischen Rundfunk, merkt zur Entscheidung des IOC ergänzend an, dass man im Rahmen der weltweiten Finanzkrise das Maximum dessen geboten habe, was den EBU-Mitgliedern möglich sei. Ein erneutes, höheres Angebot der EBU an das IOC scheint damit vorerst zunächst ausgeschlossen.

Philippot bedauert, dass es nicht gelungen sei, "das IOC von der Wichtigkeit unserer globalen Unterstützung für den olympischen Sport zu überzeugen". Wie hoch das EBU-Gebot war, wurde allerdings nicht bekannt. Die letzten bekannten Summen für Übertragungsrechte an Olympischen Spielen betreffen Peking 2008 (443,4 Millionen Euro) und Turin 2006 (rund 135 Millionen Euro).
 
Beginnend mit den Winterspielen 2014 will das IOC nach der Ablehnung des EBU-Angebots nun einzelne nationale Verhandlungen führen und so mehr Geld für die Übertragungsrechte erlösen. Das kommt einer Revolution im Rechtegeschäft gleich. Seit über einem halben Jahrhundert wurden die TV-Übertragungsrechte an den Olympischen Spielen in Europa stets an die EBU vergeben, weil man sich so die größtmögliche Zuschauerschaft erhoffte. Dieser Automatismus scheint jetzt allerdings beendet.
 

 
"Das IOC verfolgt einen fairen und offenen Bieterprozess, der allen interessierten Parteien die Möglichkeit gibt, für die Olympischen Spiele 2014 bis 2016 die Rechte für Europa zu erwerben", erklärte IOC-Sprecherin Emmanuelle Moreau zu den aktuellen Entwicklungen. Ihre Aussagen wären Musik in den Ohren von Ex-Premiere-Chef Dr. Georg Kofler - wäre dieser noch im Mediengeschäft. Zu seinen Premiere-Zeiten träumte Kofler öffentlich und wiederholt davon, die Rechte an den Olympischen Spielen für Premiere zu sichern und versprach, dann alle Entscheidung live zu zeigen.

Logo: EBUIn diesem Zusammenhang kritisierten Kofler und andere Vertreter privater Fernsehsender in Deutschland die Wettbewerbsverzerrung durch die EBU. Der europäische Verbund meist öffentlich-rechtlicher könne ein gesamteuropäisches Gebot abgeben, wie es den privaten Medienunternehmen gar nicht möglich sei. Wie attraktiv die Olympischen Spiele für werbefinanzierte FreeTV allerdings wirklich sind, ist fraglich. Befürchtet wird eine Selektion der besonders attraktiven Sportarten und Benachteiligung eher aufmerksamkeits- und quotenschwachen Randsportarten.
 
ARD-Programmdirektor Volker Herres und ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender bedauerten die Entscheidung. Herres: "Die hohen finanziellen Forderungen des IOC haben uns schon sehr überrascht - wir halten die Erwartung für überzogen. Nun werden wir abwarten, wie das IOC hinsichtlich der Rechtevergabe entscheiden wird." Und Brender äußert "große Zweifel", dass "durch Einzelverkäufe in den Ländern mehr Geld erwirtschaftet werden kann." Das letzte Wort sei noch nicht gesprochen. "Bis 2014 ist es noch lange hin. Da wird es noch viele Gespräche geben", so der ZDF-Chefredakteur. 
 
Eine Chance hat die EBU tatsächlich noch. Sie könnte die aus den Verhandlungen um die TV-Rechte der Fußball-Bundesliga bekannte "Sportschau"-Karte ziehen: Eine von der EBU europaweit sichergestellte TV-Verbreitung der Olympischen Spiele dürfte den Sponsoren des Sport-Spektakes deutlich besser gefallen als die Unsicherheit, wieviele Zuschauer in welchem Land nun wirklich welche Disziplinen wie ausführlich berichtet bekommen, wenn Werbeinteressen von Privatsendern oder gar PayTV-Sender Vorrang bekommen.