Gerade erst beklagten Vertreter der privaten Fernsehsender zum wiederholten Male eine Wettbewerbsverzerrung durch den jüngeren Schwestersender des ZDF, ZDFneo, der jetzt in der Daytime auch auf Wiederholungen von US-Serien wie "Dawsons Creek", "Raumschiff Enterprise" oder "Beverly Hills, 90210" setzt.  Ab dem 7. Mai wird der Aufschrei gegen das ZDF vermutlich noch größer: Aus dem ZDF Theaterkanal wird dann zdf.kultur.

Das jetzt vorliegende Logo inklusive Design-Philosophie des neuen Senders soll dabei schon Rückschlüsse auf die Ausrichtung geben: Weg vom Feuilleton. Oder wie man es in Mainz formuliert: zdf.kultur soll das Spiegelbild eines veränderten Lebensgefühls und Kulturverständnisses sein, das die überholte Trennung zwischen Hochkultur und Popkultur aufhebt. Der Sender sei mehr Popkultur als Hochkultur, eher Experiment als Feuilleton, mehr subjektiv als objektiv.

Und man setzt auf das Internet. Das spiele für die Vermittlung von Kultur heute eine herausragende Rolle. Mit einer engen Verknüpfung von Internet und Fernsehen sollen sich bei zdf.kultur neue Möglichkeiten des Austauschs ergeben. "NBC Giga" lässt grüßen. Die inhaltlich nicht näher erläuterte Interaktion soll so für Zuschauer und Sender zum Mehrwert werden, hofft man in Mainz.

Tragende Programmsäulen des neuen digitalen Kanals sind deshalb neben Popkultur auch "alle Formen des Spiels", wie man in Mainz salopp formuliert. Gemeint sind: Neben dem Theaterspiel gehe es genauso um Computer- oder Internetspiele. Dazu komme Popmusik als wesentliches Element. Statt Chart-Pop und Mainstream-Rock soll es aber eher Indierock und -pop, Heavy Metal, Hip-Hop, Jazz und Electronic Music geben.

Das neue Design von zdf.kultur sei inspiriert von typischen Gestaltungsrastern aus dem Webdesign in Verbindung mit Animationsmöglichkeiten und filmischen Darstellungen des TV-Designs, wie der Styleguide sowie eine extra ausgearbeitete Philosophie zum Markenauftritt des neuen Senders wissen lässt. Das neue Logo füge sich so etwa zwar farblich in die ZDF-Familie ein und habe dennoch einen eigenständigen Charakter.

Anders als bei ZDFneo soll der Sendername zdf.kultur in der Bildsprache ausdrücklich mit Punkt genutzt werden, da er im OnAir-Design auch gleichzeitig Spielelement für Animationen ist. Zum OnAir-Design gibt es darüber hinaus bislang nur die Information, dass es durch "do it yourself idents", kreiert von Kulturschaffenden aus Musik, Theater, Mode und Literatur, geprägt werden soll. Umgesetzt werden diese Station Idents vom Münchener Designstudio luxlotusliner.

"Die ZDF-Familie wächst, die Gene bleiben gleich" - so sieht man es auf dem Lerchenberg. Doch das radikal geänderte Programm mit neuer Ausrichtung und der Verknüpfung ins Web dürfte für zahlreiche Diskussionen sorgen, sobald das konkrete Programm bekannt ist. Und das nicht nur bei Privatsendern. Denn gewagt ist die Umprogrammierung auf diese Art auch deshalb, weil man damit nebenbei den Kulturbegriff neu definiert. Daniel Fiedler und Wolfgang Bergmann, die beiden Koordinatoren von zdf.kultur, sollten sich also auf Gegenwind aus mehreren Richtungen gefasst machen.