Seit Jahren bemühen sich die Verantwortlichen aus Politik, Radiobranche und Unterhaltungselektronik um die Digitalisierung der Hörfunkprogramme - doch wirklich zu begeistern waren die Deutschen dafür bislang noch nicht. Vor genau einem Monat fiel der offizielle Startschuss für das neue Digitalradio DAB+, das durch die nun beginnende Internationale Funkausstellung (IFA) in Berlin noch einmal zusätzlichen Schwung erhalten soll. Das ist auch bitter nötig, denn wirklich reibungslos verliefen die ersten Wochen nicht.

Schon Anfang August hatten sich Fernsehzuschauer über verschneites Programm des Ersten geärgert. Viel ärgerlicher ist allerdings ein weiteres Problem: Das Digitalradio stört offenbar auch den Funk und Polizei und Feuerwehr. Schon seit Anfang August sei das Problem bekannt, ist zu hören - seither wird fieberhaft an einer Lösung gearbeitet. Gegenüber der "Münsterschen Zeitung" betonte ein Polizeisprecher, dass bisher jedoch keine Verbesserung feststellbar sei.

Die Folge: Die Polizisten hören oft nur ein Rauschen - oder im schlechtestens Fall gar nichts. Immer wieder komme es zu Funk-Aussetzern oder verzerrten Stimmen. Besonders extrem sei es in unmittelbarer Nähe der Sendestationen. In Dortmund sorgt sich die Polizei um einen für das kommende Wochenende geplanten Einsatz - was allerdings auch einem veralteten Funksystem in Zusammenhang stehen könnte. Inzwischen geht die Polizei sogar so weit, den Betreiber des DAB+-Netzes durch eine amtliche Verfügung verpflichten zu wollen, den Sendebetrieb in der Stadt teilweise einzustellen. Grund ist eine anstehende Demonstration von rund tausend Nazis, sowie eine entsprechende Gegendemonstration, zu der mehrere tausend Menschen erwartet werden.

Ein Ausfall des Funknetzes hätte entsprechend drastische Folge. "Gerade aus der Loveparade-Katastrophe in Duisburg haben wir doch gelernt, wie verheerend es sein kann, wenn die Kommunikation zusammenbricht", sagte Frank Richter, NRW-Chef der Gewerkschaft der Polizei, gegenüber der "Bild"-Zeitung. "Es kann nicht sein, dass die Frequenzen für die Privatwirtschaft auf Kosten der Sicherheit verkauft werden. Handys sind nämlich keine Alternative."

Spaßig ist all das somit nicht. Die "Bild" zitiert aus einem internen Papier des Landesamtes für Polizeiliche Dienste. Darin heißt es, dass in den durch die DAB+-Sendeanlagen gestörten Bereichen eine erhebliche Gefahr für die Funktionsfähigkeit der polizeilichen und nicht polizeilichen Gefahrenabwehr bestehe. "Erhebliche Gefahren für Leib und Leben sind nicht auszuschließen." Das gilt natürlich nur für den Fall, dass mal ein Polizeieinsatz schiefgehen sollte - doch wie ein Zukunftsmodell wirkt DAB+ in keinem Fall. Das gute, alte UKW-Radio war diesbezüglich deutlich zuverlässiger.