Es stand zu befürchten, dass Axel Springer-Chef Matthias Döpfner mit seiner Keynote zur Eröffnung der medienwoche@IFA eine Lobeshymne auf das Apple iPad singt - schließlich stand das Thema „Generation iPad: Zukunft des Journalismus im Netz“ auf dem Plan. Und tatsächlich gab er unumwunden zu: Fast alle Verlage haben mit drastischem Auflagenschwund zu kämpfen. Da böten Special Interest Print-Produkte und das mobile Internet die besten Zukunftschancen, um Verlage vor der Insolvenz zu bewahren. Das iPad stehe dabei nur symbolhaft für einen komplett neuen Markt mit einer immer mobileren Nutzung von Internet. Zwar seien die Abonnenten-Zahlen der Springer-Apps im Vergleich zu den Print-Abos noch gering, aber es sei eine deutliche Steigerung spürbar.

Döpfner erklärte selbstkritisch, dass die deutsche Verlagsbranche in Sachen kreativer Innovation nicht gut genug sei. Wichtig sei es, heute nicht mehr einfach nur Inhalte kostenlos ins Internet zu stellen oder jeden Techniktrend zum Selbstzweck mitzumachen: „Das, was technisch machbar ist, ist noch lange nicht das, was die Leser interessiert. Wir müssen ferner vielmehr die Technik zum selbstverständlichen Teil unserer redaktionellen und kreativen Überlegungen machen.“ Die logische Konsequenz aus dieser Entwicklung seien das Anbieten mobiler  Apps und der überlegte Einsatz entsprechender Technik auf den Endgeräten.

Dennoch ging es überraschend harmonisch zu auf dem angeschlossenen Podium. Man könnte meinen, sämtliche Fragen - freilich bis auf die "Tagesschau"-App - seien über Nacht geklärt worden: Döpfner gestand ARD und ZDF mobile Angebote wie eine Mediathek zu, der designierte ZDF-Intendant Bellut und RBB-Intendantin Reim zeigten sich sicher, dass ein Kompromiss, der alle Seiten zufrieden stellt, möglich ist. Die ZDF Mediathek-App sei ein gutes Beispiel für eine öffentlich-rechtliche App mit der Verlage keine Probleme hätten - ob das Privatsender wie RTL auch so sehen, wurde auf dem Panel aber leider nicht beleuchtet.

Springer-Chef Döpfner konstatierte: ARD und ZDF böten im Rundfunk einen nicht verzichtbaren Beitrag zur Qualität und Vielfalt der deutschen Medienlandschaft: „Mit den Mitteln der ÖR sind ganz andere Inhalte möglich als in der Privatwirtschaft.“ Auch von Vorschriften halte er nicht viel. Viel wichtiger sei es doch ein gegenseitiges Verständnis über die berechtigten gegenseitigen Interessen und die Daseinsberechtigung zu finden. Besonders vor dem Hintergrund, dass in Brüssel die ersten Politiker die Ausgestaltung des dualen Rundfunks in Deutschland generell in Frage stellten.

Und dann kam sie doch noch auf, die Diskussion um die umstrittene "Tagesschau"-App: Der Charakter der Fernsehanstalten werde im Besonderen bei der "Tagesschau"-App nicht genug in den Vordergrund gestellt. Viele Themen würden ausschließlich textlich aufgearbeitet. In Zeiten von Auflagenschwund sei es für die Verlage allerdings unausweichlich Paid-Modelle im mobilen Internet zu etablieren - die kostenlose "Tagesschau"-App torpediere an dieser Stelle die kostenpflichtigen Apps der Verlage. RBB-Intendantin Reim konterte zwar, die "Tagesschau" sei Kernbestandteil des öffentlich-rechtlichen Auftrags, konnte damit jedoch Springer-Chef Döpfner erwartungsgemäß nicht überzeugen. Und dann griff Moderator Thomsen von "stern.de" ein: Das Mittagessen wartet - schade eigentlich, war man doch gerade erst beim einzigen Streitpunkt des Vormittags angekommen.