Über 100.000 Menschen gingen vor knapp einer Woche gegen das umstrittene Anit-Produktpiraterie-Abkommen ACTA auf die Straße. Der Vorwurf : Das im Geheimen auf Betreiben der Industrie ausgehandelte Abkommen stelle die Interessen von Konzernen über die Meinungsfreiheit und den Datenschutz im Web und bedrohe so die Freiheit des Netzes. Schon bevor die Demonstrationen überhaupt über die Bühne gegangen waren, hatten sie bei der Bundesregierung offenbar Eindruck hinterlassen: Sie kündigte an, dass Abkommen vorerst nicht zu unterzeichnen und eine Entscheidung des EU-Parlaments abwarten zu wollen. Auch andere Länder haben die Ratifizierung vorerst ausgesetzt.

Eine Haltung, die man in der Medien-Industrie gar nicht gerne sieht. Die Deutsche Content-Allianz, in der sich ARD, ZDF, der Privatsender-Verband VPRT, die Produzentenallianz, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, die GEMA, der Bundesverband Musikindustrie und die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft zusammengeschlossen haben, forderten die Bundesregierung in einer gemeinsamen Stellungnahme nun auf, das ACTA-Abkommen "ohne weitere Verzögerung wie bereits beschlossen zu unterzeichnen und mit größerem Nachdruck als bisher eine zukunftsorientierte Reform des Urheberrechts sowie dessen Schutz im digitalen Zeitalter in Angriff zu nehmen". Sie erwarte von der Regierung zudem eindeutige Signale, dass die Urheberrechts-Reform nun angepackt und durchgesetzt werden solle. Andernfalls bestehe "die Gefahr einer Kluft zwischen der deutschen Kreativwirtschaft und den Gruppen unserer Gesellschaft, die den Schutz des geistigen Eigentums als einen Angriff auf die Freiheit des Internet diskreditierten", heißt es in der Stellungnahme weiter - wobei diese Kluft sich ohnehin längst aufgetan hat.

Die Deutsche Content-Allianz bemängelt eine "Generation, in der viele ohne jedes Unrechtsbewusstsein für 'digitalen Diebstahl' aus Schule und Elternhaus in die große Welt des Internets entlassen worden" seien. Angesichts dessen wolle man künftig stärker vermitteln, dass mit dem aus Sicht der Content-Allianz "für alle Kreativen und die Vermittler ihrer Werke existenziellen Schutz des geistigen Eigentums keineswegs Barrieren in der digitalen Internetwelt errichtet" werden sollen. Allgemein kritisiert die Content-Allianz zudem, dass sich die "Netzgemeinde" der offenen Diskussion verweigere und konstruktive Beiträge zum Schutz des geistigen Eigentums vermissen lasse.