Rund 350 deutsche Journalistinnen haben sich in einem offenen Brief an rund 250 Chefredakteure um die Einführung einer Frauenquote von 30 Prozent für Führungspositionen in den kommenden fünf Jahren stark gemacht. Die Vertreterinnen von "ProQuote" verweisen darauf, dass nur zwei Prozent aller Chefredakteure deutscher Tages- und Wochenzeitungen Frauen seien und zudem in den Redaktionen der Nachrichtenmagazine fast ausschließlich Männer an der Spitze stünden.

"Es ist Zeit, etwas zu ändern", heißt es daher in dem Schreiben der Journalistinnen an die Chefredakteure. Als Hoffnungsträger sehen die Medienfrauen "Handelsblatt"-Chefredakteur Gabor Steingart. Dieser erklärte, Frauen seien "nicht das Problem, sondern die Lösung" und kündigte schließlich eine Frauenquote für 
die Führungspositionen in seiner Redaktion an. Erste Reaktionen auf die Forderung der Medienfrauen nach einer Quote hat es bereits gegeben. Zu den Unterzeichnerinnen zählen unter anderem Anne Will, Bettina Böttinger, Wibke Bruhns, Sabine Christiansen, Maria Gresz, Dunja Hayali, Sandra Maischberger, Antonia Rados und Alice Schwarzer.

So betonte "Süddeutsche.de"-Chefredakteur Stefan Plöchinger, dass es in seiner Redaktion acht Männer und fünf Frauen in Führungspositionen gebe. Plöchinger: "Wir haben die 30 Prozent überschritten, ohne dass wir eine Quotenregelung gebraucht haben. Vielleicht liegt das daran, dass wir eine junge Redaktion sind und deshalb keine alte Struktur überwinden mussten." Er glaube, dass das generelle Redaktionsklima viel ausmache. Doch es gehe nicht nur um Frauen, findet der "Süddeutsche.de"-Chefredakteur: "Diversität in Redaktionen, die ich für unermesslich wichtig halte, bedeutet auch, dass Karrieremitarbeiter bitte nicht alle gesetzten Alters, deutschstämmig, heterosexuell, aus gutem Hause, studiert, verheiratet oder sonstwie konform sein müssen."

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Das sei schon aus wirtschaftlichen Gründen notwendig, "weil wir uns sonst vom Leben unserer Leser abkoppeln. Das ist leider bunter, als es die meisten deutschen Redaktionen sind", so Plöchinger weiter. "Geo"-Chefredakteur Peter-Matthias Gaede sieht für die Redaktionen "Geo" und "Geo Special" ebenfalls kein Problem. Man müsse sich angesichts eines Frauenanteils von 80 Prozent in den Leitungspositionen "keine Sorgen" machen. Und Uwe Vorkötter, Chefredakteur von "Berliner Zeitung" und "Frankfurter Rundschau" meldet sich nach der Forderung der Medienfrauen ebenfalls kurz zu Wort: "…kein Problem. Diese Anforderung erfüllen wir heute schon. Wirklich."

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) teilte unterdessen mit, die Initiative zu unterstützen. Es sei begrüßenswert, dass etliche Journalistinnen "auf die andauernde Ungleichbehandlung in journalistischen Führungspositionen aufmerksam machten", sagte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. "Frauen sind nicht die schlechteren Journalisten. Auch an weiblichem Nachwuchs besteht im Journalismus kein Mangel. Deshalb gibt es keinen nachvollziehbaren Grund, weshalb in den redaktionellen Chefsesseln immer noch überwiegend Männer sitzen."

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