Kaum ist die Fußball-Europameisterschaft überstanden, steht ab dem 27. Juli für ARD und ZDF bereits das nächste Mammutprojekt an: Die Olympischen Spiele in London. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz im edlen Ambiente des Le Royal Meridien-Hotels in Hamburg stellten die beiden Sender nun vor, wie sie die Übertragungen angehen werden. Grundsätzlich bleibt es natürlich beim bekannten Modus: Beide Sender wechseln sich mit den Übertragungen ab. "Reißverschlusslösung" nannte ZDF-Chefredakteur Peter Frey diesen Modus, der in Zeiten finanzieller Zwänge immer wieder Anlass für Diskussionen in der Öffentlichkeit ist.

Müssen ARD und ZDF wirklich jeweils mit einem kompletten Team gleichzeitig vor Ort sein? Geht es nach Peter Frey, wäre die Übertragung ohne diese "gemeinsame Kraftanstrengung" gar nicht möglich: Weder ARD noch ZDF könne diesen Kraftakt alleine stemmen. Man legt aber Wert auf die Tatsache, dass man aus Kostengründen enger zusammenarbeiten will denn je. Insgesamt werden beide Sender zusammengenommen mit 480 Leuten vor Ort sein, deutlich weniger als bei den letzten Spielen, als allerdings auch aufgrund der Zeitverschiebung zusätzliche Highlight-Sendungen produziert werden mussten.

Dass das immer noch eine beachtliche Zahl ist, wischt Volker Herres mit einer ganz eigenen Rechnung beiseite: Insgesamt werden über 900 Stunden übertragen - pro Stunde gibt es also nur rund zwei Mitarbeiter. "Das soll uns erst mal jemand nachmachen". Das Ziel sei gewesen, unter 500 Mitarbeitern zu bleiben - und das habe man "großzügig unterschritten", so ZDF-Chefredakteur Frey. Dafür verzichte man auch auf manches, was möglich gewesen wäre. Auch auf die angebotene 3D-Übertragung verzichtet man in Deutschland. Der nötige Aufwand hätte angesichts des sehr kleinen Kreises an Personen mit 3D-Fernseher in keinem Verhältnis zum Ertrag gestanden, heißt es.

Ein Argument dafür, dass sowohl ARD als auch ZDF übertragen sei außerdem, dass es sich kein Hauptprogramm leisten könne, 14 Tage auf alles andere zu verzichten. Denn an den Olympia-Tagen wird der übertragende Sender jeweils zwischen 9:45 Uhr morgens und etwa 1 Uhr nachts fast durchgehend live aus London berichten - lediglich für "Tagesschau", "Tagesthemen", "heute" und "heute-journal" sind Unterbrechungen vorgesehen.

Aufgrund der einstündigen Zeitverschiebung zu London gibt es selbst nach Mitternacht noch Live-Entscheidungen. Eine klassische Highlight-Sendung wird es daher nicht geben, am späten Abend etwa ab 23 Uhr wird man aber einen Tagesrückblick mit Studiogästen mit den dann noch stattfindenden Live-Bildern kombinieren. Für das ZDF werden Rudi Cerne und Michael Steinbrecher abwechselnd als Moderator durchs Programm führen. An den Tagen, an denen Das Erste sendet, werden Gerhard Delling und Michael Antwerpes moderieren. Mit einem stündlichen "Olympia-Telegramm" meldet sich Alexander Bommes zu Wort, beim ZDF ist Jana Thiel für die stündlichen Olympia-Berichte zuständig.

Das Programm und die Schwerpunkte ergeben sich natürlich schlicht aus der Dramaturgie der Wettbewerbe. Beide Sender versuchen aber auch eigene Akzente zu setzen. Im ZDF meldet sich regelmäßig Sportpsychologe Hans-Dieter Hermann zu Wort, seines Zeichens Psychologe der deutschen Fußballnationalmannschaft. Er soll verdeutlichen, welchen Stellenwert die mentale Kraft eines Athleten hat und welchen psychischen Belastungen er ausgesetzt ist. Einen besonderen Stellenwert erhält auch die Doping-Berichterstattung. Die Reporter in London werden von der DopingTaskForce unterstützt, die vor Ort aktiv investigativ recherchieren und Hintergründe beleuchten sollen. Für Das Erste soll Rolf Seelmann-Eggebert die Briten und ihre Eigenheiten erklären. Er wird übrigens gemeinsam mit Tom Bartels und Franziska van Almsick, die für Das Erste sonst von den Schwimm-Wettbewerben berichtet, auch die Schlussfeier im Ersten kommentieren. Die Eröffnungsfeier am 27. Juli läuft hingegen im ZDF, das an seinen Übertragungstagen übrigens auch in seinem Morgenmagazin live von einem Boot aus London senden wird.

Doch die Olympischen Spiele mit ihren zahlreichen parallel stattfindenden Wettbewerbe lassen sich im Fernsehen natürlich nicht komplett abbilden, zumal sowohl ARD als auch ZDF diesmal anders als bei den letzten Olympischen Spielen komplett darauf verzichten, die digitalen Spartenkanäle für Übertragungen zu nutzen. Stattdessen setzt man diesmal voll auf das Internet. Im Web werden bis zu sechs parallele Livestreams angeboten, sodass insgesamt rund 900 Stunden Olympia gestreamt werden. Auch das TV-Programm des Ersten und des ZDF wird während der Übertragungen der Olympischen Spiele live im Web gestreamt.

Doch das Angebot geht über einen Livestream hinaus: Die Streams können jederzeit angehalten und nach einer Pause an der selben Stelle wieder fortgesetzt werden, zudem gibt es die Möglichkeit, in einem laufenden Stream vor- und zurückzuspringen, um verpasste Inhalte anschauen zu können. Highlight-Videos werden für mehrere Tage vorgehalten. Rund zwei Drittel der Streams im Web sollen kommentiert angeboten werden. Um den Kommentar der Live-Streams kümmert sich immer das Team des Senders, der gerade nicht mit der TV-Übertragung an der Reihe ist. "Wir betreiben einen permanenten Partnertausch", fasste Volker Herres zusammen. Alle Streams sollen sich übrigens auch problemlos über Smartphones und Tablets von unterwegs nutzen lassen.