Eigentlich schien alles erst einmal auf längere Sicht geklärt. Monika Piels Vertrag war nach umstrittener "Wahl" gerade erst im vergangenen Jahr bis Jahr 2019 verlängert worden. Der WDR schien in ruhigem Fahrwasser. Doch dann kam Ende Januar plötzlich die Ankündigung des Rückzugs Piels - aus gesundheitlichen Gründen, wie sie später verlauten ließ. Die Suche nach einer Nachfolgerin bzw. einem Nachfolger sollte möglichst transparent verlaufen. Das zumindest war der ehrenwerte Ansatz, der nach offener Bewerbungsphase bis zum 9. März zu 30 mehr oder weniger ernstzunehmenden Bewerbern für den Posten führte.



Doch die Gelegenheit zur klassischen Bewerbung war in erster Linie eine Beruhigungspille nach der scharfen Kritik an jener wenig transparenten Wiederwahl Piels im vergangenen Jahr. Nach DWDL.de-Informationen spielen die auf diesem Wege eingereichten Bewerbungen allerdings schon längst keine Rolle mehr bei der Auswahl der neuen WDR-Führung. Wir haben Wahljahr - so einfach und bitter ist es. Deswegen spielt weder Prominenz noch Tauglichkeit eine große Rolle für die Besetzung. Oder anders formuliert: Es geht nicht darum, den Besten oder die Beste zu finden.

Nach der öffentlichen Bewerbungsphase und darauf wöchentlich folgenden Spekulationen ob nun Claus Kleber oder vielleicht Jörg Schönenborn, ja sogar Tom Buhrow es werden könnten, hat die WDR-Intendantenwahl längst an Sexiness verloren. Man hört nicht mehr viel. Dabei ist das Problem ja nicht gelöst und der WDR derzeit nur interimsweise von Eva-Maria Michel geführt, die sich mit jedem Tag als Stellvertreterin mehr schon mal ausrechnen kann, dass sie offenbar nicht als neue Intendantin in Frage kommt für die Gremien. Die Zeit der wilden Spekulationen ist vorbei - weil trotz ehrenwertem Anfang der Intendanten-Suche eben doch wieder geklüngelt wird.

Denn wenn die Landesregierung NRW, derzeit geführt von Rot-Grün, ungerne einen Intendanten mit CDU-Parteibuch oder auch nur Stallgeruch haben will, so würde Ruth Hieronymi, Vorsitzende des WDR-Rundfunkrats, genau das gut gefallen. Aus dem ursprünglichen Drängen auf eine schnelle Wahl ist längst ein Politikum geworden - das mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl immer größer wird und eher lahmt als beschleunigt. Das politische Interesse an der Besetzung der WDR-Posten ist also besonders groß. Und schon verschieben sich die Kriterien für eine gute WDR-Führung.

Ein zwischenzeitlicher Favorit für den Posten war Thomas Kleist, derzeit Intendant des Saarländischen Rundfunks, der jedoch gerade in der "Saarbrücker Zeitung" erklärte, nicht zur Verfügung zu stehen. Gar kein Problem, weil der Posten-Poker schon längst neue Personen im Visier hat. Zum Beispiel Jan Metzger, Intendant von Radio Bremen, der kleinsten ARD-Anstalt. Ausgerechnet Metzger, mag mancher denken, der ihn an seinen Leistungen misst. Doch das Bremedia-Desaster spielt für die Tauglichkeit zur Führung der größten ARD-Anstalt keine Rolle.

Taktische Überlegungen hingegen umso mehr, denn Metzger soll nach DWDL.de-Informationen im Paket mit einer weiteren Personalie im Rennen sein: Bettina Reitz, seit gerade einmal einem Jahr Fernsehdirektorin des Bayerischen Rundfunks, soll neue Fernsehdirektorin des WDR werden. In München soll sie nach ihrer Rückkehr vom kurzen Gastspiel bei der ARD-Tochter Degeto nicht warm geworden sein mit Intendant Ulrich Wilhelm. In Köln hätte sie mit einem Intendanten Metzger sicher größeren Gestaltungsspielraum. In erster Linie aber würde Reitz den konservativen Vertretern rund um Ruth Hieronymi gefallen - und dafür sorgen, dass sie im Gegenzug den als SPD-nahen Jan Metzger durchwinken.

Der schweigt übrigens auf DWDL.de-Anfrage zu einem Interesse am Wechsel zum WDR. Er will Gespräche mit den Kölner weder bestätigen noch dementieren. Nun gut. Klar ist aber jetzt schon: Von Transparenz zurück zum Klüngel - die WDR-Intendantenwahl hätte ein Aufbruch werden können und ist doch wieder business as usual. Und sie dauert zu lange. "Es ist sicherlich keine Schande für den Intendantenposten beim WDR gehandelt zu werden", sagte SR-Intendant Kleist gerade erst. Je länger die Suche andauert und je verzweifelter ein für alle politischen Seiten akzeptabler Kompromiss gefunden werden muss, desto deutlicher muss man Kleist widersprechen.