Wer am Dienstag in der "taz" ein Interview mit FDP-Chef Philipp Rösler lesen möchte, wird sich verwundert die Augen reiben. Der Grund: Zwar druckt das Blatt die Fragen ab, nicht aber die Antworten des Politikers. Wie aus dem "taz"-Blog hervorgeht, hat die FDP das Interview nämlich nicht freigegeben. Und so gibt es nun also 23 Fragen ohne Antwort zu lesen. Zwei Redakteurinnen hatten den Vizekanzler unter anderem über Koalitionsstreit und Steuerpolitik befragt, aber auch über das Thema Rassismus.

So wird Rösler etwa gefragt, welche Erfahrungen er damit gemacht habe, dass Andere Probleme mit seinem asiatischen Aussehen haben, oder ob es aus seiner SIcht Ausdruck von Hass sei, dass er in Niedersachsen häufig als "der Chinese" bezeichnet wurde. Während des einstündigen Gesprächs beantwortete Rösler zwar artig alle Fragen, doch die Pressestelle will das Interview nun nicht freigeben, weil Rösler sein asiatisches Äußeres im Wahlkampf nicht zum Thema machen wolle.

"taz"-Chefredakteurin Ines Pohl reagierte am Montag im "taz"-Blog empört. "Das ist ein grober Bruch der gängigen Spielregeln", schrieb Pohl. Zwar habe man, wie mit deutschen Spitzenpolitikern üblich, einer Autorisierung durch die Pressestelle vor Drucklegung zugestimmt. "Eine Autorisierung soll sicherstellen, dass man die Antworten sachlich richtig und nicht missverständlich wiedergibt. Sie darf aber nicht dazu führen, dass im Nachhinein unliebsame Antworten oder Einlassungen gestrichen werden." Die Redaktion habe sich nun entschieden, das Interview in dieser Form zu drucken - also ohne Antworten.

Der Fall weckt Erinnerungen an ein Interview, das der damalige SPD-Generalsekretär Olaf Scholz der "taz" gegeben hatte. Im Zuge der Autorisierung wurden damals sämtliche Interviewantworten umgeschrieben, sodass die Zeitung letztlich aus Protest einen geschwärzten Text auf ihrer Titelseite veröffentlichte. Auch DWDL.de hatte sich erst im vergangenen Jahr aus ähnlichem Grund geweigert, ein Interview zu veröffentlichen.

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