ZDF-Intendant Thomas Bellut hat am Freitag den Fernsehrat in Mainz über den aktuellen Stand der medienpolitischen Diskussion über einen möglichen öffentlich-rechtlichen Jugendkanal informiert. Die Regierungschefs der Länder hatten ARD und ZDF Ende 2013 aufgefordert, bis zur nächsten Ministerpräsidentenkonferenz offene Fragen zum Konzept eines öffentlich-rechtlichen Jugendangebots zu beantworten. Anfang Februar folgte schließlich ein gemeinsames Schreiben der Sender, in dem vorgeschlagen wird, ein Panel mit bis zu 1000 jungen Menschen einzurichten, um die angepeilte Zielgruppe permanent in die Programmentwicklung einzubeziehen.

Während hierzulande also über einen Jugendkanal diskutiert wird, hat die BBC gerade erst das Ende ihres Senders BBC Three angekündigt - elf Jahre nach dem Start ist Schluss. Ein junges Publikum möchte die BBC künftig übrigens vor allem online erreichen, einige Formate sollen im iPlayer fortgeführt werden. Auf der Insel hat sich inzwischen bereits Protest breit gemacht, auch wenn bei BBC Three ganz sicher nicht alles Gold ist, was glänzt. Dass man am späten Abend stundenlang auf "Family Guy" und "American Dad" setzt, dürfte kaum im Sinne des Erfinders sein. Doch die Zeichentrickserien bescheren dem Sender zumindest gute Quoten.

Nach Ansicht des SWR, der den Digitalsender EinsPlus verantwortet, lässt sich BBC Three aber ohnehin nicht mit einem crossmedialen Jugendangebot vergleichen, wie es ARD und ZDF gerne an den Start bringen wollen. Doch wieso eigentlich nicht? Der SWR hat eine ausführliche Stellungnahme geschickt, in dem der eigene Standpunkt erläutert wird:

"Das geplante Angebot von ARD und ZDF würde durch eine Beschränkung auf den Ausspielweg Online nur geringfügig günstiger: Zöge man - rein theoretisch - einen Verzicht auf eine klassische TV-Verbreitung in Betracht, wären nur geringe Einsparungen zu erzielen, da die Verbreitungskosten für die TV-Ausspielung des geplanten Angebots bei nur knapp 6,5 Prozent (bei einem Gesamtetat von 45 Millionen) lägen. Ob für das junge Angebot ein interaktives Live-Magazin „nur“ online per Livestream oder zusätzlich auch im TV zu empfangen ist, macht nur einen geringen Kostenunterschied – die erforderlichen Workflows sind dieselben. Die Kosten für das Junge Angebot fallen also vornehmlich durch die Inhalte an – unabhängig vom Verbreitungsweg. Letztlich geht es bei dem Schritt von BBC Three um mehr als eine Beschränkung auf Online, sondern um deutliche Einsparungen am Programm für die junge Zielgruppe.

Obwohl die Internetnutzung steigt, ist und bleibt Fernsehen ein eminent wichtiger Ausspielweg für junge Menschen. Deshalb sind ARD und ZDF nach wie vor von der Notwendigkeit eines TV-Ausspielwegs – neben Online und Hörfunk - für ein multimedial angelegtes Jugendangebot überzeugt. In der TV-Nutzung in der Zielgruppe dominiert weiterhin das klassische Fernsehgerät, dieses nutzen 97 Prozent. Im Schnitt sieht beispielsweise ein 14- bis 29-Jähriger heute am Tag 128 Minuten fern. In Großbritannien finden nach Angaben der britischen Medienaufsichtsbehörde Ofcom (Communications Market Report 2013) 87 Prozent der TV-Nutzung vor dem klassischen Fernsehgerät statt. Die durchschnittliche tägliche TV-Nutzungsdauer der 16-24-Jährigen hat sich demnach von 2004 bis 2012 nicht verändert. Die BBC-Unternehmensführung macht in ihrer Presseerklärung zur Schließung von BBC Three selbst deutlich, dass weiterhin die meisten Zuschauer das klassische Fernsehgerät nutzen und zum jetzigen Zeitpunkt Dreiviertel der Zielgruppe über einen alleinigen Ausspielweg online kaum erreicht würden.

Zu beachten ist aber, dass sich BBC Three in elf Jahren als starke TV-Marke etablieren konnte. Das Ansehen, das BBC Three im Laufe der Jahre gewinnen konnte, zeigt sich nicht zuletzt im vehementen Prostest gegen die Einstellung des Fernsehkanals, der in Zeitungsberichten, Umfragen, Online-Statements und Social-Media-Aktionen zum Ausdruck gebracht wird. Eine Petition auf change.org hat beispielsweise innerhalb eines Tages fast 100.000 Unterzeichner gefunden.

Aufgrund der bereits erfolgten Etablierung der Marke BBC Three setzt die BBC auf eine anhaltende Relevanz – auch bei einer Beschränkung auf Online. Die zu erwartende Akzeptanz eines noch aufzubauenden, reinen Online-Angebots stellt sich allerdings dementsprechend anders dar. ARD und ZDF haben in ihren Planungen für ein neues, crossmediales junges Angebot die vorliegenden, oben ausgeführten Erkenntnisse der Medienforschung zur Bedeutung des Mediums Fernsehen für die junge Zielgruppe berücksichtigt und sehen daher einen Fernsehkanal als integralen Bestandteil des Konzeptes.

ARD und ZDF haben erkannt, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland aus seinem Rundfunkauftrag – im Interesse für die Gesamtheit der Gesellschaft – verstärkt um junge Zielgruppen bemühen muss. Dabei wollen ARD und ZDF ihr gemeinsames Angebot für junge Menschen durch Verzicht an anderen Stellen finanzieren, beispielsweise durch die Einstellung von drei Digitalkanälen. Im Unterschied dazu hatte die BBC in der Vergangenheit einen sehr hohen Betrag für den Aufbau von BBC3 investiert, allein in 2012/2013 rund 90 Millionen Pfund für Programminhalte pro Jahr, der jetzt aufgrund des Spardrucks, dem auch die BBC unterliegt, teilweise wieder zurückgenommen werden muss. ARD und ZDF haben die Vorgaben von Anfang an antizipiert und in ihrem innovativen crossmedialen Konzept schon berücksichtigt. Die Realisierung des Konzepts ist auch unter den bestehenden finanziellen Rahmenbedingungen – unter anderem durch die konsequente Nutzung von Synergien durch bereits vorhandene multimediale Strukturen und Inhalte – möglich."

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