Viacom setzt im stark umkämpften britischen Markt zum Angriff an: Die Amerikaner haben beim Privatsender Channel 5 zugegriffen und den Kanal unter dem Vorbehalt der wettbewerbsrechtlichen Zustimmung für 450 Millionen Pfund, umgerechnet etwa 550 Millionen Euro, erworben. Erst vor zwei Wochen sickerte Viacom als neuer Favorit für einen Kauf des Privatsenders durch, nachdem Discovery Communications überraschend aus dem Bieterwettkampf ausgestiegen war. Discovery, das den europäischen Markt als Wachstumsmarkt ausgemacht hat und nun Interesse am Produzenten all3media haben soll (DWDL.de berichtete), bot einem Bericht zufolge rund 350 Millionen Pfund für Channel 5.

Auch ohne Discovery kommen nun aber Amerikaner zum Zug. Viacom baut mit der Übernahme von Channel 5 seine Präsenz auf der Insel deutlich aus - und gleichzeitig steigt erstmals ein amerikanisches Unternehmen groß in das britische Free-TV ein. Viacom sendet selbst bislang nur den Unterhaltungskanal VIVA in der Nische frei empfangbar. Die übrigen Sender MTV, Comedy Central und Nickelodeon sowie zahlreiche Ableger dieser Marken gibt es nur gegen Bezahlung im Pay-TV. Channel 5 ist seit 1997 auf Sendung und gehörte noch bis 2010 zur RTL Group, wurde nach Verlusten und Zuschauerrückgängen aber abgestoßen. Neben dem Hauptkanal betreibt man außerdem die beiden Spartenkanäle 5USA und 5* sowie die Kinderschiene "Milkshake!", die nun vor allem für Nickelodeon-Inhalte interessant sein dürfte.

Mit dem Wechsel unter das Dach von Northern & Shell kämpfte sich Channel 5 ab 2010 dann auch wieder zurück in das Bewusstsein der Zuschauer und in die Profitabilität. Verschiedene Posten wurden seither neu besetzt, der Sender deutlicher auf Reality-Formate ausgerichtet und der Vertrag für die Nachrichten mit Sky News gekündigt. Profitiert hat der Sender dabei auch von der Stärke der Boulevard-Blätter von Northern & Shell, die Cross-Promo ermöglichten - und natürlich auch vom bereits beerdigt geglaubten "Big Brother", das Desmond nach der Einstellung beim Konkurrenten Channel 4 zu Channel 5 holte und dort als wichtigen Leuchtturm erfolgreich wiederbelebte.

700 Millionen Pfund hatte sich Desmond unter Verweis auf den erwarteten Gewinn von 70 Millionen Pfund in diesem Jahr eigentlich vom Verkauf erhofft. Dass es nun mit 450 Millionen Pfund deutlich weniger geworden ist, dürfte er aber verschmerzen können. 2010 hatte sein Verlagshaus selbst nur 103,5 Millionen Pfund für den damals ins Straucheln geratenen Sender gezahlt. Spannend bleibt nun, wie Viacom den Sender fortführen wird. Angekündigt ist seitens Viacom bereits, dass beliebte Formate aus dem eigenen Haus nun einem größeren Publikum verfügbar gemacht werden können. Umgekehrt sollen britische Produktionen nun den Weg ins weltweite Portfolio von Viacom finden.