Sitzt man im Studio 30/31 der MMC vor den Toren Kölns, dann gerät man ins Träumen: Was, wenn die Wucht der Inszenierung von „Deutschland sucht den Superstar“ bloß einmal für eine andere Farbe der Fernsehunterhaltung genutzt werden könnte. Da draußen im Gewerbegebiet steht immerhin das beeindruckendste, regelmäßig genutzte Studio-Set des deutschen Fernsehen. Doch genutzt wird es für eine Show, die sicher irgendwann einmal ein TV-Event war, aber inzwischen nicht mehr ist als Regelfernsehen: „Deutschland sucht den Superstar“. Auch ein Dieter Bohlen, der noch vor zwei Jahren über die Einschaltquoten von „The Voice of Germany“ gelästert hat, kann angesichts der aktuellen Reichweiten mit noch so markigen Sprüchen nicht darüber hinweg täuschen.



Dabei darf kaum eine andere Show bei RTL noch so groß aussehen und durfte dabei auch (früher mal) so viel kosten. Selbst der eigene 30. Geburtstag wurde von RTL nur auf Sparflamme im „Chartshow“-Studio inszeniert. Das ist sicher wirtschaftlicher, aber es lässt eben die Bereitschaft zum Imponieren vermissen, die RTL beispielsweise beim Start von „Deutschland sucht den Superstar“ vor elf Jahren bewies. Jedes Jahr im Januar, bei „Ich bin ein Star - Holt mich hier raus“, da merkt man diese Lust an einer Leistungsrevue noch. Am Finalabend von „Deutschland sucht dem Superstar“ an dessen Ende Favoritin Aneta den Sieg nach Hause trägt, merkt man davon nichts. Es ist Unterhaltung auf Wiedervorlage mit wohl überlegter Kalkulation, die von Jahr zu Jahr angesichts sinkender Reichweiten knapper ausfällt.

Ob nun drei oder vier Juroren beurteilen, wer jetzt gerade  moderiert und welche Nuance am Bühnenbild geändert wird, ist unwesentlich. „Deutschland sucht den Superstar“ hat sich in der Phase der Live-Shows seit Jahren nicht verändert. Die bedeutungsschwangeren Endlos-Sätze vor der Verkündung der Zuschauerentscheidungen nerven heute wie damals, wobei das noch eine unfreiwillige Meta-Ebene hat: Waren es früher die Moderatoren, die wegen dieser Zeitschinderei angefeindet wurden, so haben diverse Moderationswechsel selbst dem mit nicht allzu hoher Medienkompetenz gesegneten Fernsehzuschauer verdeutlicht, wie industrielles Privatfernsehen leider zu oft funktioniert: Wer als Marionette auf der Bühne steht, spielt eigentlich keine Rolle. Dieses Erkenntnis der breiten Zuschauerschaft zu vermitteln, ist ein unfreiwilliger Verdienst der Sendung.

Einer Sendung, die von RTL gerade in ihrer möglicherweise letzte Staffel geschickt wird. Diese Aussage wurde in den vergangenen Jahren zwar schon häufig bemüht, doch diesmal gibt es klare Anzeichen - weil RTL selbst schon Initiative ergriffen hat. Der Kölner Sender hat sich bekanntlich die Rechte an der aus Israel kommenden Castingshow „Rising Star“ gesichert und das obwohl FremantleMedia, die Produktionstochter der RTL Group, die namhaftesten und erfolgreichsten Castingshow-Formate vertreibt und in Deutschland über die Tochter UFA Show produzieren lässt. Vor wenigen Jahren wäre dieser Affront schwer vorstellbar gewesen. Noch dazu ist es nicht UFA Show, die das vom Sender eingekaufte Format umsetzen. Das soll Norddeich TV tun. Die ehemals von RTL zusammen mit Oliver Geissen betriebene Produktionsfirma war in letzter Zeit eher unterbeschäftigt und wird jetzt als Castingshow-Produzent wiederbelebt.