Dass man sich bei Springer schon seit geraumer Zeit über "Focus Online" ärgert, ist bekannt. Mehrfach stichelte "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann zuletzt via Twitter gegen "Focus Online"-Chefredakteur Daniel Steil, weil die Burda-Konkurrenz nicht selten Bezahlinhalte von "Bild.de" kostenlos zugänglich auf ihrer Seite veröffentlicht - als "Bild" kürzlich hinter der Bezahlschranke berichtete, dass AWD-Chef Carsten Maschmeyer erpresst wird, war das "Focus Online" sogar eine Push-Meldung wert.

Auch am Mittwoch machte "Focus Online" mal wieder mit einer "Bild Plus"-Geschichte auf. Ein WhatsApp-Mitarbeiter sprach mit "Bild" über die häufigen Datenpannen und geplante Extras, was dann sogleich auch bei "Focus Online" zu lesen war. Sehr zum Ärger von "Bild.de"-Chefredakteur Julian Reichelt, der den seinen ehemaligen "Bild"-Kollegen Daniel Steil bei "turi2" nun lautstark kritisierte. "Als Jurist ist Kollege Steil sehr geschickt darin, so zu klauen, dass er es gerade noch so als Zitieren tarnen kann. Er hat mich auch aufgefordert, nicht weiter von 'klauen' zu sprechen. Aber natürlich macht er genau das und nichts anderes."

Mittelfristig mache Steil damit echten Journalisten das Geschäftsmodell kaputt. "Es tut mir ein bisschen leid um ihn, weil er eigentlich ein netter Kollege ist, aber er ist auf die dunkle Seite gewechselt." Steil warf er vor, die Plus-Geschichten von "Bild" auszuschlachten und "durch die berüchtigte Focus.de-Google-Optimierung laufen" zu lassen. Dadurch schaffe Steil die Reichweite, für die er sich feiern lässt. "Dabei ist das, was er macht, nichts anderes als digitale Hehlerei. Klauen, auseinander bauen und als vermarktbare Reichweite weiterverticken", so Reichelt in einem kurzen Interview mit Peter Turi.

"Dabei weiß er als ehemaliger 'Bild'-Kollege sehr genau, wieviel Aufwand und Mühe hinter Plus-Geschichten stehen. Ist ihm aber egal. Ihm geht es nur darum, seine Reichweite zu steigern, auch mit der Arbeit anderer Leute, um die dann an Anzeigenkunden zu verkaufen." Reichelts Vorwurf: Vom Kerngeschäft des Journalismus würden Steil und die Marke "Focus" sich immer mehr entfernen. "Klauen, klauen, klauen und an die Reichweite denken." Daniel Steil hat sich bislang zu den Vorwürfen des "Bild.de"-Chefredakteurs noch nicht geäußert.

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