Am Mittwoch wurde im Coloneum in Köln auf dem jährlichen "Factual Entertainment Summit" von Eyeworks, MMC und HMR International wieder über Trends und Tendenzen im Factual-Entertainment-Genre gesprochen. Günter Wallraff dürfte sich wohl kaum diesem Genre zugehörig fühlen, stattete dem Event aber dennoch einen Besuch ab und sprach in einem Interview mit DWDL.de-Chefreporter Torsten Zarges auf der Bühne über den großen Erfolg von "Team Wallraff - Reporter undercover" bei RTL. "Es wundert mich selbst, dass ich jetzt so eine Wirkung erziele", so Wallraff, der darauf hinwies, dass er jetzt bei RTL im Grunde mit seinem Team nichts anderes mache als er schon zu Beginn seiner Tätigkeit als Undercover-Reporter auch gemacht hat. Der Unterschied liegt aber im Medium.

Mit RTL könne er nun die erreichen, die keine Bücher mehr lesen und auch kaum die Öffentlich-Rechtlichen schauen würden - und das seien eben genau die, in denen es in den Undercover-Reportagen über prekäre Arbeitsbedingungen oft gehe. "Denen fühle ich mich verpflichtet", so Wallraff. Und auch sonst sieht er viele Vorteile im Vergleich zu einer Zusammenarbeit mit ARD oder ZDF. Dort habe er in der Vergangenheit ja ebenfalls schon Undercover-Projekte umgesetzt, allerdings seien die manchmal sehr spät gelaufen - und die, die er erreichen wollte, hätten es schon gleich gar nicht gesehen. Dazu kommt, dass er insbesondere beim ZDF auf juristische Bedenken gestoßen sei. "Ich hatte den Eindruck, dass da die Juristen mehr zu sagen hatten als der Redakteur."

Bei RTL ist man offenbar mutiger. Dort habe es bislang keinerlei Einflussnahme der Chefetage gegeben, auch nicht, als man mit Burger King einen potentiellen Werbepartner anging. Für RTL habe es außer Frage gestanden, dass man auch dieses Thema umsetzen könne - wäre es anders gewesen, hätte Wallraff nach eigenen Angaben seine Zusammenarbeit mit RTL allerdings auch umgehend beendet. Er lobte außerdem, wieviel Zeit RTL seinem Team und ihm gebe. So sei auch einkalkuliert, dass aus mehreren Projekten, an denen man recherchiere, keine Reportage werde. Einen solchen Luxus könnten sich freie Produzenten freilich kaum leisten. Um nicht unter Zeitdruck zu stehen und zudem den einzelnen Enthüllungen mehr Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen, werde "Team Wallraff" künftig nicht mehr in Staffelform zu sehen sein, sondern als Einzelstück. Eine weitere Ausgabe komme womöglich noch in diesem Jahr, weitere dann wohl erst im kommenden Jahr.

Bei all dem Lob für RTL: Dass er sich demnächst in der Bluebox der "Ultimativen Chartshow" wiederfindet, ist eher nicht zu erwarten. "Um Gottes Willen!", so Wallraffs Reaktion auf die Frage. Auch wenn er konstatiert, dass "reine Verblödungsformate" schon angesichts der Quotenentwicklung auf dem Rückzug seien, ist Wallraff längst nicht mit allem im RTL-Programm einverstanden. Und schonen will er seinen neuen Haussender nicht: "Unser Team hat ein Thema in Vorbereitung, das insgesamt den Privaten und wohl auch RTL ein bisschen wehtun wird", so Wallraff, der sich aber nicht weiter äußern wollte. "Ich lehne mich schon zu weit aus dem Fenster". Man darf in jedem Fall gespannt sein, was von Wallraff und Co. noch kommt - nun um so mehr auch bei RTL.