Als bei der letztjährigen Fernsehmesse MIPCOM neue TV-Formate aus aller Welt präsentiert wurden, da sorgte vor allen Dingen eines für ein Aufhorchen: Die Castingshow "Rising Star" mit ihrer Abstimmung via App und den emotionalen Momenten, wenn sich die Wand zwischen Publikum und Kandidaten bei ausreichend Zustimmung hebt. Obwohl das Format auch im Heimatland Israel damals erst kurze Zeit lief und noch gar nicht klar war, wie es in den weiteren Phasen des Wettbewerbs weitergehen würde, griffen Sender rund um die Welt zu. Sie alle hoffen auf einen neuen Hit, der wie einst "The Voice" vielleicht für eine Wachablösung im Casting-Genre sorgen kann.

In den USA ging die Adaption nun am Sonntagabend bei ABC auf Sendung - und sorgte erstmal für Ernüchterung. 5,1 Millionen Zuschauer haben die aufwendige Liveshow gesehen, das Zielgruppen-Rating lag bei 1,5 Prozent (in den USA wird hier immer der Anteil an den theoretisch erreichbaren TV-Haushalte angegeben - es ist also nicht vergleichbar mit den in der deutschen Quotenmessung ermittelten Marktanteilen). Das ist kein Desaster, aber gleichwohl zu wenig. Zur Einordnung: Selbst "Duets", der letzte Casting-Versuch von ABC zwei Jahre zuvor, hatte damals im Sommer zum Auftakt 6,8 Millionen Zuschauer angelockt. NBC erreichte mit "The Voice" in diesem Jahr im Schnitt über zwölf Millionen Zuschauer, "American Idol" bei Fox knapp zehn Millionen.

Dass es für "Rising Star" nicht für die erhoffte glanzvolle Premiere reichte, lag auch an einem Abwehrmanöver der Konkurrenz. NBC, das mit "The Voice" derzeit Casting-Platzhirsch ist, fuhr gegen die "Rising-Star"-Premiere sein schwerstes Geschütz auf und zeigte eine Sonderausgabe von "America's Got Talent", das sonst dienstags Woche für Woche rund elfeinhalb Millionen Zuschauer anlockt. Am Sonntagabend lief es zwar deutlich schlechter, mit rund acht Millionen Zuschauern hielt man "Rising Star" aber klar auf Distanz. Die eigentlichen Quotenstars waren am Sonntag aber ganz andere: Das WM-Spiel der USA gegen Portugal war mit 18,2 Millionen Zuschauern am Vorabend bei ESPN die meistgesehene Fußball-Übertragung in der US-Geschichte.

Doch zurück zu "Rising Star": Die verhaltenen Quoten sind nur die eine Seite. Dazu kommt noch die ziemlich durchwachsene Resonanz in sozialen Netzwerken und bei TV-Kritikern, die nicht auf einen noch aufkommenden Hype hindeuten. Die Variety ließ sich gar zu einem deftigen Verriss hinreißen. Immerhin: RTL hat nun noch die Möglichkeit, sich die US-Version genau anzusehen und auf Kritikpunkte im Vorfeld zu reagieren. Doch auch wenn der Erfolg oder Nicht-Erfolg in den USA natürlich nur bedingt etwas über die Erfolgschancen in Deutschland aussagt: Die Nervosität vor dem Start wird hierzulande nicht kleiner geworden sein.