Seit mehr als einem Jahr erscheint die "Westfälische Rundschau" inzwischen schon ohne eigene Redaktion. Die dadurch verlorene Identität hilft den konkurrierenden Tageszeitungen in Münster und Umgebung - könnte man meinen. Doch auch bei den "Westfälischen Nachrichten" wird der Gürtel in Zukunft enger geschnallt. Zum 1. Januar des kommenden Jahres will der Verlag Aschendorff aus der Tarifgemeinschaft austreten. 

Der Verlag wird dann beim NRW-Verlegerverband nur noch Mitglied ohne Tarifbindung sein. Entsprechende Pläne bestätigte "WN"-Chefredakteur Norbert Tiemann gegenüber dem DJV-Branchenmagazin "journalist". Pikant: Gerade erst wurde ein neuer Flächentarif ausgehandelt, der zum 1. Juli in Kraft tritt. Die "WN"-Redakteure haben davon nun nicht mehr allzu lange etwas. 

Der Grund für den Ausstieg aus der Tarifgemeinschaft ist klar: Die Kosten sollen gesenkt werden. Tiemann sagt gegenüber dem "journalist", dass sich der Verlag mit der Aktion "in allerbester Gesellschaft" befinde. "Der Tarif war uns zu starr, um unser Ziel zu erreichen, redaktionelle Arbeitsplätze zu sichern und zukunftsfest zu machen", so Tiemann. 

Zusätzlich zum Tarif-Ausstieg soll es bei den "Westfälischen Nachrichten" ein Sparprogramm geben, das laut Tiemann etwa 1,3 Millionen Euro umfasst und auf die kommenden drei Jahre angelegt ist. Der Chefredakteur betont: "Ich möchte die publizistische Selbstständigkeit erhalten und nicht Inhalte einkaufen müssen." Der Grund für das Sparprogramm sind stetig sinkende Anzeigen- und Vertriebserlöse sowie die "fehlende Monetarisierung" des Online-Geschäfts. Klassische Print-Probleme also. 

Derzeit beschäftigen die "Westfälischen Nachrichten" 144 Redakteure und Volontäre, ihre Gehälter sollen für die nächsten drei Jahre eingefroren werden. Zwölf Redakteure werden demnächst wohl in Altersteilzeit gehen, auffangen will Tiemann das mit fünf neuen Volontären. 

Aber es gibt auch vergleichsweise gute Nachrichten für einige der "WN"-Mitarbeiter: So sollen die 30 Mitarbeiter, die bislang in der nicht-tarifgebundenen Aschendorff Content+Marketing GmbH angestellt sind, in die Aschendorff Medien GmbH & Co. KG wechseln. Dort sind derzeit auch die tariflich bezahlten Journalisten angestellt. Diesen Schritt gehe man, "um den Betriebsfrieden über Jahre zu erhalten", erklärt Tiemann im "journalist".