"Guter Journalismus hat einen Wert. Und guten Journalismus gibt es nicht umsonst", findet Jan Filipzik. Gemeinsam mit Florian Schmitz möchte der 31-Jährige dem Printjournalismus neues Leben einhauchen. Am Freitag haben beide erstmals ihre neue Zeitung "talwaerts" auf den Markt gebracht. Es sind ambitionierte Pläne, die die Gründer des Magazins verfolgen. Die Wochenzeitung soll den Beweis antreten, dass guter Journalismus auch im digitalen Zeitalter funktioniert. Und ausgerechnet dort, im Digitalen, findet "talwaerts" gar nicht statt. Auf der Homepage zur Zeitung gibt es lediglich die Themen der aktuellen Ausgabe und eine Übersicht der Verkaufsstellen. Inhalte sucht man hier vergeblich.

Denn Schmitz und Filipzik setzen voll und ganz auf das gedruckte Werk. Als klassisches Printmagazin ist "talwaerts" seit Freitag an ausgewählten Verkaufsstellen im Wuppertaler Stadtgebiet zu haben; auch ein Abonnement kann über die Homepage abgeschlossen werden. Wer "talwaerts" lesen möchte, hält am Ende aber auf jeden Fall ein gedrucktes Blatt in den Händen. Ein e-Paper wird nämlich nicht angeboten - erstaunlich für eine Zeitung, die eigenen Angaben zufolge eigentlich eine junge Zielgruppe zwischen 25 und 45 Jahren erreichen möchte.

Inhaltlich bietet ein kleines Team auf sechszehn DIN-A4-Seiten Berichte aus der bergischen Großstadt. In der Erstausgabe überzeugt "talwaerts" etwa mit einem Einblick in die Nordstadt, die in den vergangenen Jahren den Wandel von einem gemiedenen "Asiviertel" zu einem attraktiven Wohnquartier geschafft hat und vom breiten kulturellen Spektrum profitiert. Ernster, aber doch nah am Menschen wird es mit einem Interview über Sexualität unter Behinderten. Ein Lächeln zaubert ein lebendig geschriebener Ausblick auf das bevorstehende Stadtfest "Langer Tisch" ins Gesicht, während am Ende des Heftes ein Portrait über den in Wuppertal lebenden Stagemanager des Kölner Reggae-Festivals "Summerjam" persönliche Einblicke gewährt. Aktuelle Berichterstattung rückt in "talwaerts" eher in den Hintergrund - mit einem größeren Stück über die angestrebte Kooperation zwischen SPD und CDU im Stadtrat, einem neuen elektornischen Mängelmelder der Verwaltung und einem gesponserten Newsticker verschließt man sich aber auch neuen Informationen nicht.

"talwaerts" verzichtet bewusst auf das Internet, was bereits besonders ist. Aber nicht nur das: Auch Anzeigen gibt es keine. "Wir wollen nicht, dass von unseren Artikeln abgelenkt wird", äußerte sich Filipzik vor dem Start und unterstrich, dass der Leser beim Kauf "einhundert Prozent Journalismus" bekomme. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist dies ein Ansatz, der sich auf Dauer erst noch beweisen muss - bei der Lektüre bietet die Werbefreiheit aber in der Tat ein sehr angenehmes Lesegefühl. Noch dazu rücken großflächige, farbige Bilder stärker in den Vordergrund. Und auch die gesamte Blattästhetik im dreispaltigen Layout mit farbigen Zitatblöcken und Infokästen profitiert ohne Frage davon.

Mit der Erstausgabe schafft es "talwaerts", näher am Menschen zu sein als die reichlich verstaubte "Westdeutsche Zeitung" und hebt sich deutlich von den etablierten Anzeigenblättern ab, die Woche für Woche an die Haushalte verteilt werden. Das muss die Zeitung mit dem passenden Untertitel "Zeit für Wuppertal" bei einem Preis von 1,90 Euro aber auch. Hier wird sich erst zeigen müssen, ob sich das Konzept im Tal, wo man Neuem nicht immer aufgeschlossen gegenüber steht, trägt. Hält man die Qualität der Erstausgabe, dann stehen die Chancen aber immerhin gut. Wuppertal hat auch unter den Einwohnern nicht immer einen guten Ruf - "talwaerts" setzt genau hier an. Als werbefreies Magazin macht "talwaerts" vor allem eines: Werbung dafür, die eigene Heimat und die Menschen der Stadt besser kennen zu lernen. Es ist den Machern und der Stadt zu wünschen, dass dieser lobenswerte Ansatz aufgeht.