In den USA sorgt neben der puren Größe des Marktes auch die größere Bedeutung der Fernsehserien im Genre-Mix dafür, dass weit mehr kreative Köpfe sich einen Namen machen konnten. Wichtiger als die Produktionsfirma hinter einer Serie sind die Autoren, Showrunner und ausführenden Produzenten. Geworben wird dementsprechend oft nicht mit den Firmen dahinter, sondern "dem Regisseur von", "der Autorin von" oder dem "Produzenten von". Auch die Vielfalt der Katgeorien bei den gerade bekannt gegebenen Nominierungen für den 66. Primetime Emmy zeigen wieder: Fernsehen ist Kopfsache.


 
Im weitaus stärker non-fiktionalen geprägten deutschen Fernsehmarkt wurde sehr lange ausschließlich auf die Produktionsfirmen geschaut - und ihre erworbenen Lizenzen oder selbst erdachten Formate. Ein Markt, der sich so aufstellt, macht es allerdings neuen Köpfen und damit neuen Ideen schwer, Gehör zu finden. Der Zugang zu Entscheidungsträgern in den Sendern bleibt meist Produktionsfirmen vorbehalten, die schon bestehende Geschäftsbeziehungen besitzen oder sich die Teilnahme an einem Pitch leisten können, wenn sie dazu überhaupt eingeladen werden. Im Fiktionalen geht der neuen RTL-Fictionchef Philipp Steffens seit einigen Wochen neue Wege - und hat in Berlin und Köln den offenen Dialog mit Autoren gesucht. Damit soll in seinem Segment eine neue Form des unmittelbaren Austausches entstehen - zwischen Sender und Kreativen. Steffens, Jahrgang 1979, kennt die Herausforderung als engagierter Nachwuchs erst einmal die richtigen Ansprechpartner zu erreichen. Das will er in seiner neuen Position durch regelmäßige Treffen mit Autoren unterstützen.
 
Doch nicht nur im Fiktionalen scheint sich RTL hier in US-Manier an Köpfen zu orientieren. Auch bei zwei quotenstarken non-fiktionalen Formaten folgt der Kölner Sender den entscheidenden Köpfen dahinter. In der Branche galt es zuletzt schon als offenes Geheimnis, das jetzt auch von RTL bestätigt wird: Sowohl die Tanzshow "Let's dance" als auch die Kuppelshow "Der Bachelor" werden künftig nicht mehr von ITV Studios Germany produziert. Die von TV-Produzent Stefan Oelze und Jan Mojtos Unternehmen Beta Film getragene Kölner Produktionsfirma Seapoint Productions hat bekanntlich Nina Klink von ITV Studios Germany abgeworben. Klink war dort zuletzt als Director of Executive Producers für die Großprojekte "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus" aber eben auch "Let's dance" und "Der Bachelor" verantwortlich.
 
Ihrem Wechsel folgt ein Wechsel der Produktionsfirmen. So wird das Warner Bros.-Format "Der Bachelor" künftig in Zusammenarbeit zwischen Seapoint Productions und dem Lizenzgeber erstellt. Und beim BBC-Format „Strictly come dancing“ nutzt der Rechte-Inhaber auch die Gelegenheit und wird künftig zusammen mit Seapoint Productions die Tanzshow für RTL on air bringen. Letzte Details sind da noch zu klären. Es sind die ersten beiden großen Produktionen für Seapoint Productions, die von RTL auf DWDL.de-Anfrage offiziell bestätigt sind. Welche Bedeutung eine erfahrene Produzentin bzw. ein erfahrener Produzent für den Erfolg eines Formats haben kann, demonstrierte im Negativen übrigens im vergangenen Jahr Endemol mit "Promi Big Brother". Dies führte der deutschen Branche noch einmal vor Augen, dass die Fernsehproduktion neben einer manchmal nötigen Lizenz eben am Ende eins ist: Kopfsache.