Die Deutsche Welle (DW) hat die Zusammenarbeit mit der chinesischen Journalistin Su Yutong beendet. Der zum Jahresende auslaufende Vertrag werde nicht verlängert und Su erhalte ab sofort keine Aufträge mehr. Das erklärte Sendersprecher Johannes Hoffmann gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de. Seinen Angaben zufolge sei das Vertrauensverhältnis zu der Journalistin "komplett zerstört". Su habe über ihren Twitter-Account Interna über die Redaktion verbreitet und trotz mehrfacher Aufforderung, dies zu unterlassen, nicht damit aufgehört. "Die Deutsche Welle betrachtet es angesichts des aus Sicht des Arbeitgebers nicht hinnehmbaren Verhaltens als zwingend erforderlich, mit sofortiger Wirkung auf die Dienste von Su Yutong zu verzichten", hieß es in einer Mitteilung der Deutschen Welle.

Dem Streit war eine Debatte auf der Homepage der Deutschen Welle vorausgegangen, in der sich der seit zwanzig Jahren in Peking lebende Journalist Frank Sieren und der in Deutschland lebende Chinesen Chang Ping in Beiträgen mit dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking vor 25 Jahren auseinandersetzten. Während Chang Ping die Meinung vertrat, einzig die chinesische Regierung sei für die Eskalation verantwortlich, betonte Sieren, niemandem sei geholfen, "wenn im Westen die Ereignisse einseitig überzeichnet" würden. Das wiederum wollte Su Yutong nicht stehenlassen. Sie selbst hatte zwischenzeitlich ihre Meinung kundgetan und sich gar in einem offenen Brief an DW-Intendant Peter Limbourg gewandt. Zudem veröffentlichte sie auf Twitter eine Fotomontage, die Sieren mit einem Panzer über den Platz des Himmlischen Friedens rollend zeigte.

Gegenüber "Spiegel Online" erklärte die Journalistin am Mittwoch, die Verantwortlichen der Deutschen Welle hätten daraufhin erklärt, sie habe DW-Regelungen verletzt. Am Dienstag wurde die Journalistin daher von Programmdirektorin Gerda Mauer über das Ende der Zusammenarbeit informiert, wie nun auch der Sender bestätigte. Nicht ohne Folgen: Insbesondere in den sozialen Netzwerken wird seither eifrig darüber diskutiert, wie es um die Meinungsfreiheit bei der Deutschen Welle bestellt ist. Die sieht man in Bonn freilich nicht in Gefahr - wie schon alleine die Tatsache zeigt, dass auf der Homepage des Senders zwei völlig unterschiedliche Meinungen über die Gründe für das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens geäußert wurden.

"Dieser Schritt hat nichts mit einer angeblichen Beschränkung von Meinungsfreiheit zu tun, sondern ahndet ein individuelles Fehlverhalten, das kein Unternehmen hinnehmen würde", hieß es am Donnerstag dementsprechend von Seiten des Senders. Und weiter: "Die Deutsche Welle verwahrt sich gegen die in Sozialen Medien aufgestellte Behauptung, die Beendigung der Freien Mitarbeit von Su Yutong sei 'politisch motiviert' oder Ausdruck fehlender Meinungsfreiheit im chinesischen Angebot der DW. Hier ebenso wie in allen weiteren Sprachangeboten des Senders finden Nutzer unterschiedliche Positionen zu relevanten Ereignissen und Entwicklungen. Dieser Pluralismus der Meinungen ist Voraussetzung für den von der DW praktizierten, kritischen Dialog."