Die vergangenen Tagen wird beim beim Hamburger "Spiegel" wohl so schnell nicht vergessen. Nachdem am Mittwoch durchsickerte, dass Chefredakteur Wolfgang Büchner und Geschäftsführer Ove Saffe alle Ressortleiter entmachten wollen, entbrannte beim Nachrichtenmagazin ein offener Machtkampf. Mehr als 80 Prozent der Print-Redakteure unterzeichneten eine Petition gegen die Pläne Büchners. Ein beispielloses Misstrauensvotum. Gleichzeitig sammelten die Onliner ebenfalls Unterschriften - für Büchner. 

Am Freitagnachmittag kamen schließlich die Gesellschafter zusammen, um über den zukünftigen Kurs des Nachrichtenmagazins zu entscheiden. Das Ergebnis der Gespräche: Zum großen Knall kommt es nicht. Vorerst. Sowohl Gruner + Jahr, als auch die Erbengemeinschaft Augstein und die Mitarbeiter KG sprachen sich grundsätzlich für die Pläne von Büchner und Saffe aus, diese fänden "die Unterstützung aller Gesellschafter", so eine im Anschluss an die Verhandlungen verschickte Pressemitteilung. 

Gleichzeitig nehme man aber "die Sorgen ernst, die aus Redaktion und Dokumentation des 'Spiegel' in den vergangenen Tagen geäußert wurden". Heißt: Auch die "Spiegel"-Redakteure müssen sich auf Neuerungen einstellen, sollen das in Zukunft aber besser kommuniziert bekommen. Wolfgang Büchner muss also eine Ehrenrunde drehen und weiter für sein "Projekt Eisberg" bzw. "Spiegel 3.0" werben. Verschiedene Medien berichten, dass er dafür etwa zwei Monate Zeit bekommen soll. Laut "Meedia" soll er sich in dieser Zeit komplett auf den Neuanfang konzentrieren, das Tagesgeschaft, also die Blattproduktion, übernehmen seine Kollegen. 

Das Projekt "Spiegel 3.0" sieht eine bessere Verzahnung von Print und Online vor. Daher auch die geplante Neuausschreibung der Ressortleiter-Posten, hier sollen demnächst ein Print-Macher sowie ein Onliner an der Spitze stehen. Ein schneller Wechsel ist zwar vorerst vom Tisch, wird auf lange Sicht aber wohl kommen. 

Wolfgang Büchner hat damit eine Schonfrist von den Gesellschaftern erhalten. Aber auch an die Redaktion geht ein unmissverständliches Signal: Ihr müsst euch auf Veränderungen einstellen. Ausgang ungewiss, denn aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Der große Knall beim "Spiegel" könnte noch folgen. Ob sich Büchner und die Redaktion noch einmal zusammenraufen? In spätestens zwei Monaten wissen wir mehr. 

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