Es scheint, als habe die traditionsreiche Münchner "Abendzeitung" nach der Insolvenz den wirtschaftlichen Turnaround geschafft. Rund drei Monate nach der Übernahme durch die Mediengruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung sowie den Münchner Rechtsanwalt und Unternehmer Dietrich von Boetticher schreibt das Blatt nach eigenen Angaben operativ "deutlich schwarze Zahlen" - und das trotz eines spürbaren Auflagenrückgangs.

Die verkaufte Auflage hat sich demnach bei rund 40.000 Exemplaren stabilisiert, die Hälfte davon entfällt auf Abonnenten, die andere Hälfte auf den Einzelverkauf. Das ist deutlich weniger als vor der Insolvenz, was zum Teil auf die Reduzierung der wenig ertragreichen "sonstigen Verkäufe" zurückgeht. Doch auch nur auf Einzelverkauf und Abo bezogen lag die verkaufte Auflage zuvor noch bei über 60.000 Exemplaren. Profitabel arbeiten könne man aber bereits bei rund 30.000 verkauften Zeitungen, so der Verlag.

Möglich sei das, indem man die Kostenbasis erheblich verringert habe. So wird die "AZ" nun nicht mehr in München, sondern in Straubing und seit dieser Woche zum Teil auch in Traunstein gedruckt. Die Sachkosten konten reduziert werden, indem die Redaktion nun nicht mehr in Büros nahe dem Hauptbahnhof, sondern im Münchner Westend residiert. Und nicht zuletzt wurde natürlich das Team deutlich verkleinert. Derzeit arbeiten für die "AZ" aber mehr als 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und damit mehr als zunächst vorgesehen. Eine weitere Aufstockung sei geplant, um insbesondere die Lokalberichterstattung zu stärken. Die ebenfalls personell gestärkte Feuilletonredaktion beliefert nun auch die anderen Zeitungen der Mediengruppe. Positiv auf Einnahmenseite wirkt sich unterdessen die vom Insolvenzverwalter verordnete Preiserhöhung aus.

Verleger Prof. Dr. Martin Balle, Mitherausgeber der AZ: "Die ersten drei Monate nach dem Neustart bestätigen die Einschätzung von Dietrich von Boetticher und mir, dass die Münchnerinnen und Münchner die Abendzeitung schätzen und ihr treu bleiben. Und sie widerlegen jene, die bezweifelt haben, dass die AZ als Tageszeitung profitabel geführt werden kann. Wir haben das Blatt vorsichtig und an den richtigen Stellen reformiert, ohne seinen Charakter als wichtige journalistische Stimme für München zu verändern. Mein herzlicher Dank gilt unseren Lesern und Anzeigenkunden sowie der AZ-Redaktion, die mit großem Engagement und mit Leidenschaft den Umbruch, auf den wir uns nur wenige Tage vorbereiten konnten, erfolgreich gemeistert hat." Chefredakteur Michael Schilling: "Die Abendzeitung hat einen echten Neustart hinter sich. Es liegt auf der Hand, dass sich dabei das neue Team erst einmal finden musste. Unser Anspruch hat sich jedoch nicht geändert: eine journalistisch eigenständige, lesernahe und kritische Stadtzeitung zu sein, die das Münchner Lebensgefühl spiegelt. Die Reaktionen unserer Leserinnen und Leser zeigen, dass die neue AZ diesem Anspruch Tag für Tag besser gerecht wird."