Zum 1. Juni übernahm Andreas Bartl das Ruder bei RTL II und erbte dort einen Sender, der gar nicht schlecht aufgestellt und mit Scripted Reality im Vorabend noch immer große Erfolge feiert. Diesen Erfolg will Bartl nun auch in die Primetime übertragen, wie er im Gespräch mit den Kollegen von "Werben & Verkaufen" äußerte. Mit "Berlin - Tag und Nacht" und dem Kölner Ableger habe man etwas Einzigartiges geschaffen, so Bartl. "Diese neue Machart, Geschichten in einem wirklichkeitsnahen Stil zu erzählen, wollen wir weiterdenken. Was am Vorabend gelang, kann auch an anderen Stellen funktionieren", so Bartl.

Nachdem die Scripted Realites von Frank Schmidt in der Vergangenheit in der Primetime kein Erfolg waren, sollen es nun also Formate der "Berlin"-Machart in den Hauptabend schaffen. Derzeit gebe es erste Konzepte für ein neues Format in der Primetime, das dann allerdings auch nur wöchentlich auf Sendung gehen soll. Bartl schaut entsprechend positiv gestimmt nach vorne: "Wenn wir jetzt der erste Sender sind, der eine Reality-Serie in der Primetime macht, könnte das wieder so eine Innovation werden", meint er mit Blick auf Programminnovationen bei RTL II. Er habe bei RTL II ein Team von leidenschaftlichen Fernsehmachern angetroffen, das keine Angst hat, Neues zu wagen.

Insgesamt möchte Bartl seinen Sender, der vor allem Junge anspricht und dort besonders bei Frauen beliebt ist, wieder etwas breiter aufstellen. Dazu gehört offenbar auch eine Rückbesinnung auf US-Serien. Zwar hat RTL II auch jetzt schon preisgekrönte Serien wie "Game of Thrones" oder "The Walking Dead" im Programm, versendet diese aber gerne am Stück oder auf Randsendeplätzen. US-Fiction spiele eine wichtige Rolle. "Das werden wir ausbauen", kündigt Bartl an und spricht bereits von einem geplanten US-Serienabend, der dann auch wieder verstärkt junge Männer ansprechen soll. Auch im schwächelnden Nachmittag soll RTL II künftig "etwas breiter werden und nicht mehr ganz so jung sein". Formate kann Bartl aber noch keine nennen, hier soll zunächst weiter experimentiert werden.

Während ProSiebenSat.1 und auch die Stiefmutter RTL ihr Glück in der Sparte sucht, ist das für Bartl derzeit kein Thema. Angesprochen auf zusätzliche Kanäle sagte er gegenüber "W&V": "Man soll zwar niemals nie sagen. Aber das ist gegenwärtig nicht geplant." Viel mehr will man die jungen Zuschauer im Internet abholen, wo "Köln 50667" und "Berlin - Tag & Nacht" bereits Renner sind und RTL II auch schon bei YouTube und anderen Plattformen präsent ist. "Aber da wird mehr kommen. Wir entwickeln Formate, die online ein eigenes Leben haben werden." Die Vermarktungsabteilung sitzt bei der Entwicklung dabei bereits mit am Tisch, was die Refinanzierung vereinfachen soll. Die Hauptrolle in der Digitalstrategie wird logischerweise das Streamingportal RTL II Now spielen.