Philipp Welte, Verlagsvorstand bei Burda, hat kein Verständnis für das andauernde Klagelied anderer Verleger und verweist in einem Interview mit dem "Handelsblatt" darauf, dass man zwar die "Vertreibung aus dem Paradies" erlebt habe, in der Umsatzrenditen von 30, 40 Prozent möglich gewesen seien, aber trotzdem noch im Schnitt zweistellige Renditen erwirtschafte - also ein nach wie vor profitables Geschäft betreibe. "Trotzdem tun viele von uns so, als ob unsere Industrie unmittelbar vor dem Exitus stünde, und dabei reden wir unsere eigenen Produkte schlecht. Das Erkennen der potenziellen eigenen Sterblichkeit, ein Motor der Marktwirtschaft, ist für Verlage offenkundig etwas völlig Neues. Leider reagieren viele darauf mit sinnloser Panik statt mit planvoller Veränderung", so Welte.

Angesprochen auf die rückläufigen Werbeeinnahmen bemängelt er, dass viele die Magazine zuerst als Werbeträger begriffen hätten. Sie würden aber zuerst für die Leser gemacht, die im Jahr immerhin 2,5 Milliarden Zeitschriften kaufen. "Diese fundamentale Kraft verschwindet auch nicht einfach, nur weil der Werbemarkt sich in einem tiefen Umbruch befindet. Aber wir tun so, als ob es mit uns zu Ende ginge." Man müsse sich also vor allem an den Interessen und Wünschen der Leser, nicht der Werbeindustrie orientieren. Welte: "Werbeflächen gibt es heute im Überfluss, und in überfüllten Märkten gehen viele Anbieter mit den Preisen runter. Aus nackter Angst hat unsere Branche an vielen Stellen jegliche Zurückhaltung bei Rabatten aufgegeben. Meine Überzeugung ist es, dass wir unser gesamtes Geschäft aus der Sicht des Konsumenten radikal neu denken müssen."

Von Erlösmodellen wie dem Verkauf einzelner Artikel hält Welte wenig. "Unbundeling zerstört einen wesentlichen Teil unserer journalistischen Leistung, das kuratierende, kreative Zusammenstellen von Inhalten", erklärt der Burda-Vorstand seine Sicht. "Ein Magazin ist mehr als die Summe seiner Teile." Ohnehin glaubt Welte, dass auf absehbare Zeit der größte Teil des Umsatzes mit Print-Produkten und nicht online erzielt werden könne. Doch hier machen sich nach seiner Meinung die Verleger selbst das Leben schwer. Zum Einen würden Werbeflächen verramscht, zum anderen Billig-Titel massenhaft auf den Markt geworfen. "Mit Schrottprodukten für 49 Cent frustrieren wir den Konsumenten und verstopfen die Angebotsflächen in den Märkten. Das ist doch unser größtes Problem - Unsicherheit und Selbstzweifel zerstören die Wertigkeit dessen, was wir herstellen. Und für diesen Unsinn sind wir wirklich selbst verantwortlich."