Im Frühjahr und Herbst trifft sich die internationale Fernsehwelt jeweils für eine knappe Woche im eigentlich so schönen Städtchen Cannes an der Cote d’Azur. Ein Ort, dessen Unschuld jedoch schon lange verloren ist. Diverse Festivals und Preisverleihungen machen den Ausnahmezustand hier zur Regel und lassen die Preise verrückt spielen. Über absurde Kosten vom Kaffee bis zur Hotelübernachtung empören sich Jahr für Jahr diejenigen, die zum ersten Mal zum TV-Branchentreff kommen. Wer schon länger zu MIPTV oder MIPCOM reist, der hat sich wohl oder übel arrangiert mit einer Stadt, die sich raffiniert auf ihre  temporären Messe-Besucher spezialisiert hat - oder muss einfach nicht auf den Euro schauen.

Für die kommende MIPTV im Frühjahr, die vom 13. bis 16. April stattfindet, müssen sich zahlreiche deutsche Messebesucher auf einen neuen Preisschock einstellen, der sogar das Potential hat, das Spesenkonto eines Vorstandsvorsitzenden zu sprengen. Das Majestic Barriere, eines der in die Jahre gekommenen Luxushotels  an der Croisette, hat die Preise für die Nutzung des Hotel-WiFi angehoben, wobei das noch eine harmlose Untertreibung ist. Nach britischen Medienberichten Ende vergangener Woche bestätigt das Hotel die neuen Preise: Eine langsame WiFi-Verbindung kostet pro Nacht harmlose 9 Euro, ein „Medium Speed WiFi“ allerdings schon stolze 200 Euro und eine HighSpeed-Verbindung sage und schreibe 300 Euro pro Nacht.

Was klingt wie ein Scherz oder Tippfehler, ist leider keiner. Das Zimmer selbst gibt es außerhalb von Messezeiten übrigens schon für die Hälfte. Die neue Preisstruktur für das Hotel-WiFi wurde erst vor wenigen Wochen eingeführt und wird im April erstmals auch die Fernsehmacher treffen, die zur MIPTV in dem Hotel einquartiert sind. Pikant wird das Thema wenn man weiß, dass zahlreiche Medien-Unternehmen als Teil ihrer Präsenz bei der TV-Messe eine Mindestanzahl an Zimmern in den „Luxus-Hotels“ der Stadt buchen muss, darunter auch im Majestic Barriere. Hier arbeiten Messe und Hotels der Stadt zum gegenseitigen Profit clever zusammen. Mag sich mancher Fernsehmacher bislang nicht für die Kosten seines Hotelzimmers interessiert haben, so sollte sicherhaltshalber vor der nächsten MIPTV mit der Buchhaltung geklärt sein, ob mehrere hundert Euro allein für eine schnelle Internetverbindung nicht doch etwas… pervers sind.

Auf der Website des im Dezember geschlossenen Hotels findet sich im Übrigen kein Hinweis auf diese astronomisch hohen Kosten für die WiFi-Nutzung. Gegenüber dem britischen „Telegraph“ beteuerte aber eine Sprecherin des Hotels, dass man die Kunden beim Checkin natürlich auf die neuen Preise für die Internetverbindungen hinweise. Eine Britin hat das anders erlebt und wandte sich mit ihrem unerfreulichen Erlebnis an die Tageszeitung. Auf die Nachfrage des „Telegraph“, ob Gäste angesichts dieser Preise auf ihrer Abschluss-Rechnung nicht überrascht reagieren, antwortete die Hotelsprecherin laut „Telegraph“ kurz und knapp: „Natürlich“.

Nach dem Protest der Britin senkte das Hotel übrigens die WiFi-Gebühr beim Checkout "ziemlich schnell", so ihre Aussage, auf die günstigen 9 Euro für die langsamste Internetverbindung. In Hotel-Foren wird dies als zusätzlicher Beleg für das Kalkül des Hauses gewertet. Man spekuliere scheinbar darauf, dass ein solcher Posten beim Blick auf die oft umfangreichen Abschlussrechnungen nicht weiter auffällt. Besonders dann nicht, wenn sich zu Messe-Zeiten wie während der MIPTV auch die Übernachtungspreise vervielfältigen.