Sony hat am Mittwochabend die Veröffentlichung des Films "The Interview", der eigentlich am 25. Dezember in die Kinos kommen sollte, vollständig abgesagt. Auch eine Veröffentlichung auf DVD oder über VOD-Dienste sei nicht geplant, ließ das Produktionsstudio verlauten. Nachdem sich Sony schon seit drei Wochen einer fast beispiellosen Cyber-Attacke ausgesetzt sieht, nahmen die Terror-Drohungen am Dienstag noch einmal eine neue Dimension an, nachdem Anschläge auf Kinos mit einem Verweis auf die Ereignisse von 9/11 angekündigt worden waren.

Das FBI und auch Präsident Obama ließen zwar verlauten, dass sie die Drohungen nicht für glaubwürdig halten, viele große Kinoketten hatten aber schon angekündigt, den Film zunächst nicht zeigen zu wollen. "Wir respektieren und verstehen die Entscheidung unserer Partner und teilen ihr vorrangiges Interesse an der Sicherheit ihrer Angestellten und Kinobesucher", ließ Sony im Zuge der Absage der Veröffentlichung verlauten. "Sony Pictures wurde Opfer eines beispiellosen kriminellen Angriffes auf unsere Mitarbeiter, unsere Kunden und unser Geschäft. Diejenigen, die uns angegriffen haben, haben unser geistiges Eigentum, unsere privaten E-Mails und sensibles und geheimes Material gestohlen und versucht, unsere Seele und unsere Moral zu zerstören - und das nur, um die Freigabe eines Films zu verhindern, den sie nicht mögen. Wir sind zutiefst trauri über den Versuch, die Verbreitung eines Films zu verhindern und damit unserer Firma, unseren Angestellten und der amerikanischen Öffentlichkeit zu schaden. Wir stehen zu unseren Filmemachern und deren Recht auf freie Meinungsäußerung und sind zutiefst enttäuscht davon, wie es nun gekommen ist."

Sony sieht sich nach der Absage nun in den USA selbst scharfer Kritik ausgesetzt, von "unpatriotischem Verhalten" ist die Rede, von einem Einknicken gegenüber Terroristen, von der ersten Niederlage der USA in einem Cyberkrieg. Tatsächlich hat Sony aber bereits einen äußerst hohen Preis für einen Film bezahlt, in dem zwei Journalisten den Auftrag bekommen den nordkoreanischen Machthaber Kim Jon Un bei einer Interview-Gelegenheit zu töten. Den Anfang nahm die Attacke bereits am 24. November. Damals erschien auf allen Sony-Computern weltweit ein Bild mit den Worten "Hacked bei #GOP". Die Gruppe, die sich selbst "Guardians of Piece" nennt, drohte mit den Worten "This is just the beginning" mit der Veröffentlichung interner Daten.

Die Server wurden zwar umgehend heruntergefahren und Sony-Mitarbeiter auf der ganzen Welt mussten fortan ohne Zugriff auf Computer oder Mails arbeiten - doch für den Schutz der Daten war es offensichtlich längst zu spät. Am 27. November wurden fünf Sony-Filme, von denen vier noch gar nicht veröffentlicht waren, auf illegale Download-Platformen gestellt. Doch die veröffentlichten Daten sollten in den kommenden Tagen noch zunehmend delikater werden. Private Mails mit delikaten Inhalten wurden ebenso an die Öffentlichkeit gebracht wie Gehaltslisten, persönliche Dokumente von Mitarbeitern bis hin zu medizinischen Unterlagen.

Der Verdacht, dass hinter der Attacke auf Sony in irgendeiner Weise der nordkoreanische Staat stecken könnte, liegt angesichts des Film-Inhalts natürlich nahe, wird aus Nord-Korea aber bestritten. Auch das FBI, das in dem Fall ermittelt, konnte bislang keine Beweise vorlegen, wer genau hinter den Attacken steht. Im Lauf des Donnerstags ist aber eine Pressekonferenz anberaumt. Doch so oder so: Sony Pictures bringt die Attacke in heftige Bedrängnis, nicht nur, weil man den Film, dessen Produktion über 40 Millionen Dollar gekostet hatte, nun wohl abschreiben muss. Sony sieht sich auch Klagen von ehemaligen Angestellten gegenüber, noch weitreichender ist zudem die Tatsache, dass Skripte und Pläne für weitere Filme entwendet wurden und teils schon der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Die nächsten Wochen und Monate dürften für das Studio sehr ungemütlich bleiben.