Für Comedy Central beginnt jetzt ein Kampf ums Überleben im harten Late-Night-Markt: Der Viacom-Sender hat gerade erst Stephen Colbert verloren, der nach neuneinhalb Jahren seinen „Colbert Report“ aufgab, um in wenigen Monaten bei CBS das Late-Night-Erbe von David Letterman anzutreten, da schlägt die nächste Nachricht in US-Branchenmedien ein wie eine Bombe: Jon Stewart wird noch vor Jahresende die Moderation der „Daily Show“ abgeben. Laut übereinstimmenden Berichten hat Stewart dies bei der Aufzeichnung seiner Sendung am späten Dienstagnachmittag New Yorker Zeit verraten. Wenig später bestätigte Comedy Central die für den Sender unglückliche Nachricht.
Der 52-jährige Stewart, der die Moderation der Show im Jahr 1999 übernahm und das Format maßgeblich prägte, formulierte in den vergangenen zwei Jahren hin und wieder schon öffentliche Zweifel daran, wie lange sich vier tagesaktuelle Sendungen pro Woche mit anderen beruflichen Projekten, etwa Regie-Arbeit, vereinbaren lassen würden. Sein Ausstieg ausgerechnet jetzt kommt dennoch überraschend und für Comedy Central in diesem Jahr denkbar ungünstig. In einer öffentlichen Bestätigung des Abschieds verdeutlichte der Sender bereits, dass man „The Daily Show“ auch ohne Stewart fortsetzen wolle.
Es gab schließlich auch eine „Daily Show“ vor Stewart, auch wenn es erst seine sehr politische Positionierung der Sendung war, die das Format zum Quoten-Hit und Kritiker-Liebling machte. Knapp zwei dutzend Primetime Emmys heimsten Stewart und sein Team in den vergangenen Jahren ein und machten den kleinen Kabelsender im Late-Night-Wettbewerb zur ernsthaften Konkurrenz für die großen Networks. Seine kritische Auseinandersetzung mit Politik und amerikanischen Nachrichtenmedien (allen voran Fox News) machten die Show zu einer beliebten Plattform für Auftritte demokratischer Politiker, darunter auch US-Präsident Barack Obama.
"Für beinahe zwei Jahrezehnte hatte ich die unglaubliche Ehre und das Privileg mit Jon Stewart zu arbeiten. Seine komödiantische Brillanz ist unübertroffen. Jon war das Herzstück von Comedy Central, hat die besten Talente der Branche gefordert und gefördert, egal ob vor oder hinter der Kamera. Durch seine einzigartige Art und Weise wurde die ‚Daily Show‘ zu einem kulturellen Maßstab für Millionen von Fans und eine beispiellose Plattform für politische Comedy, die auf Jahre hinaus Bestand haben wird. Jon wird bis später im Jahr noch an der Spitze der ‚Daily Show‘ bleiben. Er ist ein Comedy-Genie und wird immer ein Teil der Comedy Central-Familie sein“, erklärt Sender-Chefin Michele Ganeless in einer am Dienstagabend verschickten Stellungnahme.
Gerade erst musste Comedy Central also den „Colbert Report“ durch die „Nightly Show“ mit Larry Wilmore ersetzen, da gilt es die nächste Nachfolge zu regeln - noch dazu bei dem Format, das seit mehr als einem Jahrzehnt der maßgebliche Treiber des Erfolges von Comedy Central ist und dem Sender international Rang und Namen bescherte. Tatsächlich hat Jon Stewart, wie Sender-Chefin Ganeless betont, in seiner Show so manchen Kollegen (darunter auch Steve Carell) zum Star gemacht - doch Stephen Colbert ging nun zu CBS und John Oliver, einst seine Sommervertretung, ist mit "Last week tonight" längst bei HBO. Einen naheliegenden Erben für „The Daily Show“ gibt es daher ebenso wenig wie ein genaues Datum für die letzte Ausgabe der Sendung mit Gastgeber Jon Stewart. Hinter der Zukunft von Comedy Central stand selten ein größeres Fragezeichen als heute.