Wohl noch nie sahen sich so viele redaktionell Verantwortliche genötigt, ihre eigene Berichterstattung öffentlich gegenüber Kritikern zu verteidigen wie bei der Berichterstattung über den Absturz der Germanwings-Maschine. Die Kritik war unter anderem in sozialen Medien laut und vielfältig. Die kritische Haltung spiegelt sich nun auch in der Beschwerde-Anzahl beim Presserat wider: 430 sind dort bislang eingegangen.

"Noch nie gab es so viele Beschwerden zu einem einzelnen Themenkomplex", so der Sprecher des Presserats, Tilmann Kruse, laut einer Mitteilung. Zum Vergleich: Zur Berichterstattung über die Loveparade in Duisburg im Jahr 2010 gab es 241 Beschwerden, im gesamten Jahr 2014 sind beim Deutschen Presserat ca. 2000 Beschwerden eingegangen. Ob die Berichterstattung aus Sicht des Presserats wirklich gegen den Pressekodex verstoßen hat, ist damit freilich noch nicht gesagt.  Die Beratung findet voraussichtlich am 2. und 3. Juni statt. Im Vorfeld erhalten die betroffenen Medien selbst Gelegenheit zur Stellungnahme.

Zum Germanwings-Unglück haben sich nach Angaben des Presserats überwiegend Privatpersonen gemeldet, deren Kritik viele Teilaspekte der Berichterstattung betrifft. So ist die Frage, ob über den Co-Piloten identifizierend berichtet werden darf, ebenso ein Thema wie zum Beispiel die Veröffentlichung von Opferfotos und Opfergalerien, die Frage des Schutzes der Angehörigen von Co-Pilot und Opfern, eine möglicherweise unangemessen sensationelle Berichterstattung, die Frage der Vorverurteilung oder das Ansehen der Presse, erläutert Tilmann Kruse.