Eigentlich hatte die ARD das Gottschalk-Debakel am Vorabend längst abgehakt und sich zumindest mit der Quizschiene auch aus Quotensicht wieder verfestigen können. Jetzt holt die ARD "Gottschalk Live" aber doch noch einmal ein. Grund dafür ist die hohe Abfindung, die Gottschalk nach der vorläufigen Absetzung der Sendung erhielt. "Gottschalk Live" wurde wegen mieser Resonanz zwar bereits nach siebzig Folgen eingestellt, Gottschalk selbst wurde aber auch für die nun nicht mehr produzierten Sendungen sowie zwei Primetimeshows, die nie entstanden, bezahlt. Alleine für die gefloppte Vorabendshow zahlte die ARD an Gottschalk so zusätzliche 2,23 Millionen Euro; insgesamt belaufe sich das Nettohonorar für Gottschalk auf üppige fünf Millionen Euro.

Nachdem die Vereinbarungen in einem "Letter of Intent" in diesen Tagen kursierten, wandte sich nun Thomas Frickel als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AG Dok), dem größten Filmverband Deutschlands, an WDR-Intendant Tom Buhrow. Buhrow war zur Zeit von "Gottschalk Live" zwar selbst noch Moderator der "Tagesthemen", der WDR allerdings war für das Vorabendformat verantwortlich. "Vor dem Hintergrund der immer schwieriger werdenden Finanzlage der freien Produktionswirtschaft lösen solche Informationen, wie Sie sich sicher vorstellen können, nicht nur Erstaunen, sondern auch Verärgerung aus", heißt es im Schreiben Frickels, das den Kollegen von kress.de vorliegt.

Frickel geht dabei noch einen Schritt weiter und verdächtigt den Sender auch der Untreue. In Hinblick der zwei Abendshows, die im Rahmen des Vertrages für 400.000 Euro eingekauft, aber nie produziert wurden, fragt Frickel: "Wurde dieser Fall von Leistung ohne Gegenleistung jemals rechtlich überprüft. Wenn ja, von wem? Und was hat diese Prüfung im Hinblick auf einen möglichen Untreue-Tatbestand ergeben?". Gegenüber der "Bild" rechtfertigt sich Thomas Gottschalk bereits. "Ich habe nicht hingeschmissen, sondern hätte gerne weitergemacht und versucht, das Ding doch noch auf Kurs zu bringen." In Bezug auf die beiden Abendshows stellt Gottschalk fest, dass weder bei ihm noch bei der Produktionsfirma irgendwelche Moderationen von der ARD eingefordert worden seien.

Frickel appelliert an Tom Buhrow, der unter anderem mit dem Produzentenbericht eine eine neue Offenheit und Transparenz durchsetzen möchte, "der interessierten Öffentlichkeit die Details dieses Vertrages jetzt nicht länger" vorzuenthalten und zu prüfen, ob tatsächlich fünf Millionen Euro an Gottschalk gezahlt wurden und ob davon 2,7 Millionen Euro ohne Gegenleistung überwiesen wurden. "Gab es Gründe dafür, eine nicht erbrachte Leistung so fürstlich zu entlohnen", fragt Frickel im Schreiben an Buhrow.

Für den kommen die Meldungen rund um das längst vergessene "Gottschalk Live" zur Unzeit. In Zeiten des Sparzwanges, der sich vor allem auch im Dritten Programm des WDR bemerkbar macht, sind solch hohe Summen noch einmal schwieriger zu rechtfertigen und kratzen nachhaltig am Image des Senders. Frickel teilt derweil bei "kress" weiter aus und drückt den Finger in die Wunde. "Die ARD hat damals die Vertragsbedingungen wie ein Haupt- und Staatsgeheimnis behandelt und noch nicht einmal die Aufsichtsgremien darüber informiert. Und das, wie sich jetzt zeigt, aus gutem Grund: sowohl die dort verhandelten Beträge als auch die übrigen Konditionen - zum Beispiel der Anspruch auf die komplette Vertragssumme auch dann, wenn die Sendung nicht fortgeführt wird - sind nun wahrlich kein Musterbeispiel für sparsame Wirtschaftsführung"