Der WDR muss sparen - das ist ein Fakt, der von kaum jemandem bestritten wird. Die Frage ist nur: An welcher Stelle macht man das am geschicktesten? Aus Sicht von 90 freien Mitarbeitern in den Wissenschaftsredaktionen des WDR ist ihr Bereich in jedem Fall über Gebühr getroffen. Sie sehen den Sender "in seinen Kernkompetenzen" bedroht. "Natürlich muss man Programm weiterentwickeln - dazu gehört auch, dass mitunter alte Sendungen abgeschafft und neue aus der Taufe gehoben werden. Allerdings bestätigt sich die Befürchtung immer mehr, dass mit der jetzigen Sparpolitik keine nachhaltige Programmreform angegangen wird, sondern hochwertiges Programm einfach preiswerterem geopfert wird."

Als einen der Belege für diese These führen sie an, dass nach der Einstellung der Wissenschaftssendung "Kopfball" der WDR auch seine Beteiligung an "Nano" in absehbarer Zeit beenden wolle. "Nano" läuft bei 3sat und ist eine Gemeinschaftsproduktion mit ZDF, SWR, RBB, MDR, RB, HR und SRF. Der WDR liefert allerdings den Löwenanteil: Inklusive Zweitverwertung aus anderen WDR-Formaten liege der Anteil demnach bei 60 Prozent - zieht sich der WDR zurück, stehe die Sendung insgesamt zur Disposition. Dabei seien gerade auch die täglichen Themenkonferenzen mit Kollegen der anderen Sender von unschätzbarem Wert. "Sie kommen der Gewichtung unserer Themen, ihrer Auswahl und Umsetzung zugute und ermöglichen ein Programm, das in seinen konkreten Inhalten und seiner Aktualität in anderen, monothematischen Magazinformaten nicht stattfinden kann." Der jährlichen Einsparung von 250.000 Euro für den WDR würde ein "unverhältnismäßig großer Schaden" gegenüber stehen.

Die Ankündigung, einen "journalistischen Leuchtturm Wissenschaft" im WDR zu erreichen, der crossmedial die Energien von Fernsehen und Hörfunk bündeln soll klinge zwar gut, letztlich wolle der WDR damit aber nur rabiate Einsparungen kaschieren. So deute vieles darauf hin, dass "das vielgerühmte und prinzipiell auch sinnvolle Konzept 'Crossmedia' vor allem als Sparmodell fungieren soll, mit dessen Hilfe die Honorare der Fachjournalisten weiter gedrückt werden sollen", heißt es in einer Mitteilung. So würden Fernsehjournalisten nun schlicht dazu angehalten, auch Hörfunk-Versionen ihrer Beiträge zu erstellen, die dann aber schlechter bezahlt werden als es der Tarifvertrag vorsehe. "Dieses Honorar-Dumping bedroht vor allem die Wissenschaftsjournalisten im Hörfunk in ihrer Existenz, die sich ohnehin bereits mit niedrigeren Minutenpreisen und kürzeren Sendestrecken herumschlagen müssen."

Letztlich führe all das dazu, dass Wissenschaftsjournalisten künftig auf Zweit-Jobs, etwa in einer PR-Abteilung, angewiesen seien - was deren Unabhängigkeit aufs Spiel setze. Doch nicht nur für sie selbst sei diese Entwicklung fatal, sondern auch für den WDR, der damit "Raubbau an dem treibe, was den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in seinem Kern ausmache und seine Existenz legitimiere". "Wir sind davon überzeugt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk damit an seinem eigenen Ast sägt und an seiner Selbstabschaffung arbeitet."

WDR-Intendant Tom Buhrow hat auf den bereits im Mai versandten Brief geantwortet. Darin sei er auf die Befürchtungen detailliert eingeganen, heißt es seitens des WDR - doch zerstreuen konnte er die Sorgen offensichtlich nicht, wie die nachträgliche Veröffentlichung des Briefes nun zeigt. Die genaue Antwort Buhrows will der WDR nicht öffentlich machen.

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