Beim Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) blickt man zufrieden auf das Digitalgeschäft: Mit Blick auf die steigenden Nutzerzahlen sprach der Verband am Dienstag auf seiner Jahrespressekonferenz in Berlin von einem Wachstumstreiber. Innerhalb eines Jahres seien die Nutzerzahlen um eine weitere Million auf 18,5 Millionen pro Woche gestiegen. Zusammengefasst erreichten die Zeitungsmarken von der gedruckten Ausgabe über den stationären PC bis zu Smartphone und Tablet jeden Tag rund 52 Millionen Menschen. Damit seien drei Viertel der deutschsprachigen Bevölkerung regelmäßige Zeitungsleser.

Gleichzeitig bitten immer mehr Verlage ihre Leser zur Kasse. So sei die Zahl der Bezahlangebote gegenüber dem Vorjahr um 30 Prozent gewachsen. Nach Angaben des BDZV verlangen derzeit 107 Verlage von ihren Lesern ein Entgelt für die Nutzung der Webangebote, bis Jahresende rechnet der Verband mit mindestens 120 Zeitungen. "In den Köpfen der Menschen ist angekommen, dass guter Journalismus auch im Netz seinen Preis hat", sagte Hans-Joachim Fuhrmann, Mitglied der BDZV-Geschäftsleitung. Jeder dritte Internetnutzer in Deutschland habe 2014 für redaktionelle Inhalte jeden Monat im Schnitt 15 Euro ausgegeben. Ein Jahr zuvor war es erst jeder vierte.

Als "äußerst erfreulich" bezeichnete Jörg Laskowski, BDZV-Geschäftsführer Verlagswirtschaft, die Entwicklung der E-Paper-Auflage. Diese sei im Vergleich zum Vorjahr (1. Quartal) um 30 Prozent von 564.000 auf 733.000 angestiegen. Bei überregionalen Titeln liege der Anteil der E-Paper-Auflagen bereits bei über zehn Prozent. Gleichzeitig bleibe es die größte Herausforderung der Branche, den
wachsenden publizistischen Erfolg in der digitalen Welt auch zu einem ökonomischen Erfolg zu machen. "Das ist ein Marathon, der große Kondition und langen Atem erfordert", sagte Fuhrmann, der die Print-Branche dafür jedoch gut gerüstet sieht.

Immerhin: Für das laufende Jahr rechnen die Zeitungsverlage mit einer Stabilisierung im Vertriebs- und Anzeigengeschäft, wie Geschäftsführer Laskowski ausführte. Der Gesamtumsatz sei mit 7,76 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr stabil (-0,6 Prozent). Und doch fordert der BDZV von der Politik neue Rahmenbedingungen und schnellere Entscheidungen. "Die mittelständische Zeitungsbranche steht - gefesselt durch Wettbewerbs-, Datenschutz- und Medienvielfaltsregelungen - den globalen Internet-Giganten gegenüber, die in weiten Teilen uneingeschränkt in unseren Märkten agieren können", sagte der BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff.

Die Politik müsse endlich Position beziehen und klar entscheiden, ob die überregionalen, regionalen und lokalen Zeitungsunternehmen eine echte Chancengleichheit bei den Regeln hätten oder ob digitale Großkonzerne das Spiel für sich ausmachten. Wolff kritisierte in diesem Zusammenhang das EU-Kartellverfahren gegen Google. Die EU-Kommission habe zwar nach jahrelanger Prüfung das Verfahren gegen Google eingeleitet, doch mit einem Ergebnis sei wohl erst in einigen Jahren zu rechnen. Überfällig sei außerdem eine neue Medienordnung, in der die Position der Verlage gestärkt und an die neuen Marktentwicklungen angepasst werde. "Die Zeitungen wollen auch in Zukunft in Qualitätsinhalte investieren. Doch dafür brauchen sie mehr Freiraum", so Wolff.