Nach 100 Tagen im Amt zog der damals noch frischgebackene WDR-Intendant Tom Buhrow im Oktober 2013 eine ernüchternde Bilanz. Der Sender stehe vor einem "gigantischen strukturellen Abgrund", ein Finanzloch von mehr als einer Milliarde Euro bis 2023 bei einem "Weiter so" hatte eine interne Simulation ergeben. Seitdem wird in allen Bereichen an Reformen gearbeitet. Alle Mitarbeiter ins Boot zu bekommen, haben die Verantwortlichen dabei bislang nicht geschafft, der Prozess wird von steter Kritik und Protesten aus den eigenen Reihen begleitet. Das ist nun auch bei der geplanten Reform von WDR 5 nicht anders.

"WDR 5 auf dem Weg zum Durchhör-Radio" - mit diesen Worten ist ein Schreiben von WDR-Mitarbeitern überschrieben, mit dem diese ihren Unmut über die geplante Reform des Info-Senders zum Ausdruck bringen. "Weniger Meinung, weniger Wissenschaft, weniger Landespolitik" und "ein seichteres Programm" - das wäre ihrer Meinung nach das Resultat, wenn der Rundfunkrat den in der vergangenen Woche vorgelegten Plänen zustimmen würde.

Die Wogen hochschlagen lässt dabei unter anderem der Plan, die Sendezeiten des Meinungsmagazins "Politikum" sowie des landespolitischen Magazins "Westblick" zu kürzen. Während bislang "Westblick" die gesamte Stunde zwischen 17 und 18 Uhr bestreiten durfte, soll es nach den neuen Plänen nun um 17:45 Uhr an "Politikum" übergeben. "Politikum" lief bislang montags bis donnerstags um kurz nach 19 Uhr. Auch wenn "Politikum" künftig weniger Sendezeit hat, sieht der WDR in der angedachten Verlegung eine Stärkung: "Durch die prominentere Sendezeit würde das Meinungsmagazin künftig ein Drittel mehr Hörer als bisher erreichen", heißt es in einer Stellungnahme des Senders gegenüber DWDL.de. Zudem sei die Sendung durch das neue Schema künftig zusätzlich auch freitags im Programm.

Durch die Kürzung der Sendezeit für "Westblick" befürchten aber Mitarbeiter in den neun Hörfunk-Regionalstudios, dass sie künftig weniger Themen für WDR 5 zuliefern können. Dazu kommt noch, dass das bislang einmal wöchentlich freitags abwechselnd aus den NRW-Studios gesendete Format "Thema NRW" komplett entfällt. Von einer Reduzierung regionaler Berichterstattung will man beim WDR trotzdem nichts wissen. "Strategisches Ziel ist es - trotz der Einsparungen - die regionale Berichterstattung auf allen Wellen des WDR auszubauen, auch im Programm von WDR 5", heißt es seitens des WDR. Im Falle von "Westblick" verweist man zudem darauf, dass "buntere Themen", die bislang am Ende der Sendung zu hören waren, in eine andere Sendung ausgelagert werden sollen - und dementsprechend für landespolitische Themen ähnlich viel Zeit bleibe wie bislang. Inhalte aus "Thema NRW" und weitere landespolitische Themen sollen zudem zur wichtigsten Hauptsendezeit am Morgen ausgebaut werden.

Das "Morgenecho" erhält ohnehin künftig mehr Sendezeit und bleibt nicht bis 9 Uhr sondern bis 9:45 Uhr auf Sendung. Allerdings ist hier wohl geplant, die letzten 45 Minuten "bunter und leichter" zu gestalten, um die Hörer auf den Tag einzustimmen, ist aus WDR-Kreisen zu hören. Durch die Verlängerung müsste die Sendung "Zeitzeichen" übrigens nach aktuellem Planungsstand nach mehr als 40 Jahren ihren angestammten Sendeplatz räumen und liefe künftig erst um 9:45 Uhr. Die Call-In-Sendung "Tagesgespräch" soll aus dem Vormittag auf den 12-Uhr-Sendeplatz verlegt werden. "Scala" liefe dafür erst um 14 Uhr, "Kiraka" würde auf den 19-Uhr-Platz rücken.

Aus der bislang einstündigen Wissenschaftssendung "Leonardo" soll künftig ein zweistündiges Wissenschaftsmagazin werden, das zwischen 15 und 17 Uhr zu hören sein soll. Darin wolle man "publizistisch neue Formen ausprobieren und gleichzeitig im Rahmen der crossmedialen Strategie des WDR den redaktionellen Zuschnitt der Wissenschaftsredaktion klar profilieren". Im WDR befürchten allerdings manche, dass das Magazin dadurch weniger hintergründig werde als bislang - auch weil von Valerie Weber als Ziel eine schnellere Taktung im Nachmittags- und Abendprogramm ausgegeben wurde.

Während die Mediensendung "Funkaus Wallrafplatz" offenbar auf der Kippe steht, soll "SpielArt" erhalten bleiben. Die Sendung würde den Plänen zufolge aber nicht mehr im wöchentlichen Rhythmus, sondern nur noch etwa einmal im Monat produziert. Der Charme der Sendung solle dabei aber "sowohl in Form als auch Inhalt erhalten bleiben", betont der WDR. Damit das literarisch-musikalische Magazin durch die Verringerung der Schlagzahl nicht untergeht, wolle man es an "ausgewiesenen, besonders prominent beworbenen Sendetagen" ausstrahlen.

Spruchreif sind all diese Änderungen noch nicht - denn zunächst liegen die Vorschläge nun beim Rundfunkrat, der in den nächsten Monaten darüber zu beraten hat.

Neues Programmschema nach derzeitigem Planungsstand

  alt neu
06:00 Morgenecho Morgenecho
07:00 Morgenecho Morgenecho
08:00 Morgenecho Morgenecho
09:00 09:05 Zeitzeichen
09:20 Tagesgespräch
09:05 Morgenecho
09:45 Zeitzeichen
10:00 Neugier genügt Neugier genügt
11:00 Neugier genügt Neugier genügt
12:00 Scala Tagesgespräch
13:00 Mittagsecho Mittagsecho
14:00 Kiraka Scala
15:00 Lebensart (Mo-Do)
Thema NRW (Fr)
Wissensmagazin
16:00 Leonardo Wissensmagazin
17:00 Westblick 17:05 Westblick
17:45 Politikum
18:00 18:05 Profit
18:30 Echo des Tages
18:05 Profit
18:30 Echo des Tages
19:00 19:05 Politikum (Mo-Do)
19:05 Platz der Republik (Fr)
19:30 Bärenbude
Kiraka
20:00 Dok5 und Co Wie bislang, neu:
Europamagazin (Di)
21:00 Wdh Scala Wdh Scala
22:00 Wdh Leonardo Kabarett