Damit die neue deutsche Serienwelle mit voller Wucht ankommen kann und Prestigeprojekte wie "Deutschland 83", "Blochin" oder "Weinberg" im Herbst die erhoffte Resonanz finden, muss auch das Publikum mitspielen. Sind die Deutschen dazu bereit? "Ja, aber", lautet die Antwort der Studienleiter Florian Kerkau und Mathias Wierth, nachdem sie die Serienlust der Bundesbürger für die Forschungs- und Beratungsgruppe Goldmedia vermessen haben.

Keine Frage: Serien sind im Alltag der Zuschauer fest verankert. 73 Prozent der Deutschen haben laut der Studie mindestens eine Lieblingsserie, die sie regelmäßig verfolgen. 38 Prozent schauen regelmäßig zwei bis drei Serien, 23 Prozent sogar vier oder mehr. Geht es jedoch um Genres und Herkunft, ist das Publikum möglicherweise nicht ganz so modern eingestellt, wie es mancher Serienmacher gern hätte.

 

Die Studie, für die Goldmedia im Juni 1.128 erwachsene Bundesbürger befragt hat, bringt zu Tage: Das beliebteste Genre der Deutschen ist die Soap. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Krimi/Thriller und Comedy. Diese Rangfolge liegt vor allem an den älteren Zuschauern: Knapp 40 Prozent der über 50-Jährigen entschieden sich für die Soap, dicht gefolgt vom Krimi (34 Prozent). "Die übrigen Genres spielen als Longtail eine eher marginale Rolle", so Kerkau. 

Anders sieht es bei den 18- bis 29-Jährigen aus. Hier sind die angegebenen Lieblingsgenres etwas breiter gefächert. Comedy führt in dieser Altersgruppe mit 22 Prozent, gefolgt von Soap mit 14 Prozent, Drama, Fantasy und Krimi/Thriller mit jeweils 11 Prozent. Wenig überraschend sind es auch die unter 30-Jährigen, die regelmäßig die meisten Serien schauen – im Durchschnitt 3,3. Die 30- bis 49-Jährigen verfolgen durchschnittlich 2,9 verschiedene Serien, die über 50-Jährigen 2,1 Serien. 

Auffällig sind die regionalen Unterschiede in der Serienneigung. Das mit Abstand serienfreudigste Publikum lebt demnach in Thüringen, wo 87 Prozent aller Befragten mindestens eine Serie regelmäßig schauen. Ebenfalls weit oben spielen Mecklenburg-Vorpommern (80 Prozent), Sachsen-Anhalt (77 Prozent) und Baden-Württemberg (76 Prozent) mit. Am anderen Ende der Skala landen Rheinland-Pfalz und das Saarland, wo nur 63 Prozent eine Lieblingsserie haben.

Bei der Frage nach den beliebtesten Sendern bzw. Plattformen für Serien haben sich bereits zwei VoD-Anbieter in die Top 10 geschoben. Sechs Prozent der Befragten nannten Amazon Prime Instant Video als den Channel, auf dem ihre Lieblingsserie läuft. Gut drei Prozent nannten Netflix. Nach wie vor dominieren aber die klassischen TV-Sender: Die meisten Lieblingsserien der Zuschauer insgesamt laufen bei RTL, ARD und ProSieben. Auch hier weist Goldmedia darauf hin, dass die Rangfolge durch die älteren Zuschauer und ihr Übergewicht in der Bevölkerungsverteilung getrieben sei. Nimmt man nur die Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen, so landen Amazon (18 Prozent) und Netflix (17 Prozent) schon in den Top 5 der beliebtesten Serien-Channels. 

Deutliche Altersunterschiede treten auch bei der konkreten Verankerung im Tagesablauf auf. Insgesamt sind laut Studie für 40 Prozent der Deutschen ihre Lieblingsserien ein fester Anker im Alltag. Soll heißen: Sie planen ihren Tagesablauf nach Möglichkeit so, dass sie ihre Serie in Ruhe schauen können. Von den über 50-Jährigen tun dies 44 Prozent, von den unter 30-Jährigen nur 33 Prozent. Die stärkere VoD-Nutzung macht die Jüngeren flexibler.

"Die Vorlieben der älteren Zuschauer werden vom linearen Fernsehen gut bedient, jüngere Zuschauer werden dagegen vernachlässigt", stellt Studienleiter Kerkau fest. Die Befragung zeige den Grund: Jüngere haben demnach eine höhere Affinität zu Serien verbunden mit vielfältigeren Genrevorlieben. Sie wünschen flexible VoD-Angebote, die über einen linearen 24-Stunden-Programmplan weit hinausgehen.

"Gefragt ist mittelfristig mehr Mut zum Risiko bei Programm-Akquisitionen und Eigen- oder Auftragsproduktionen", so das Fazit von Kerkau und Wierth. "Das ist gerade auch für den Produktionsstandort Deutschland von Bedeutung: Über 80 Prozent der Lieblingsserien der 18- bis 39-Jährigen kommen aus den USA. Positiv formuliert gibt es für deutsche Produktionen in Sachen Serien noch viel Luft nach oben." Die komplette Studie ist bei Goldmedia kostenlos abrufbar.