Mit Live-Übertragung bei unzähligen Radiosendern, Live-Stream im Netz, intensiver Begleitung via Social-Media und in Echtzeit parallel zur Verleihung aktualisierter Website mit den Gewinnern des Abends zeigte die Radiobranche am Donnerstagabend dem Fernsehen auch in diesem Jahr wieder, wie man einen Branchenevent gleichzeitig für die Branche und das Publikum inszenieren kann. Doch die Verleihung im Hamburger Schuppen 52 hat noch etwas bewiesen: Unterhaltung und Haltung passen zusammen.

So wurde der Abend der Gewinner auch ein Abend der demonstrativen Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge und klaren Ablehnung von fremdenfeindlichem Gedankengut - ausgedrückt in getragenen Pullovern und T-Shirts, in wohlformulierten Laudationen und Dankesreden. Etwa von Heiner Geißler: Der Altpolitiker formulierte die wahren Worte: „Wir haben auf der Erde Geld wie Dreck. Es haben nur die falschen Leute.“ Doch im Vordergrund standen natürlich die besten Radio-Leistungen des vergangenen Jahres.

Der erste Preis des Abends blieb auch gleich im hohen Norden: Die „N-JOY Morningshow“ mit Andreas Kuhlage und Jens Hardeland wurde als beste Morgenshow ausgezeichnet. Bester Newcomer bzw. beste Newcomerin des Jahres ist Julia Bamberg von radio ffn. Sie ist die erste Preisträgerin der in diesem Jahr neu eingeführten Kategorie. Udo Lindenberg und Atze Schröder übergaben gemeinsam den Deutschen Radiopreis in der Kategorie Beste Programmaktion. Aus gutem Grund: Radio Berlin 88,8 räumte ab mit „Der Sonderzug nach Pankow“.

Den Preis für die beste Sendung holten sich Stefan Schwabeneder und Stefan Kreutzer für „Die Stefans - Drei Religionen, ein Humor“ (Bayern 3). Auch vor dem Hintergrund der jüngsten Welle an kriminellen und tödlichen Schlepper-Banden, die an der Flüchtlingskrise Geld verdienen wollen, waren Yvonne Fricke und Toni Schmitt mit ihrer Reportage „Schlepperbanden - Menschenleben werden Ware“ (105,5 Spreeradio) mehr als verdiente Gewinner in der Kategorie Beste Reportage.

Mit „Refugees Welcome“-Pullover nahm Siham El-Maimouni ihren Deutschen Radiopreis 2015 in der Kategorie Beste Moderatorin entgegen. Sie moderiert beim WDR Funkhaus Europa die Sendung „Süpermercado“. Bester Moderator wurde in diesem Jahr ein WDR-Kollege: Thorsten Schorn (1Live), ausgezeichnet als bester Moderator, sagte auf der Bühne des Schuppen 52: "Gerade in diesen Tagen braucht es Leute, die das Richtige sagen - nicht nur im Radio.“

Aber er wäre nicht beim Radio und preisgekrönt, wenn in der Laudatio nicht auch die Leichtigkeit Platz gefunden hätte. Wenn jetzt noch der 1.FC Köln Meister werden würde, sei das die schönste Zeit seines Lebens. Auch im Radio arbeiten schließlich Träumer. Noch deutlichere Worte, beinahe eine Ruckrede, lieferte wenig später Iris Berben. Sie krönte den Aufstand der Anständigen beim diesjährigen Deutschen Radiopreis, der bei ausgelassener Feierlaune gleichzeitig immer wieder Haltung demonstrierte.

„Der rechte Mob muss Angst bekommen in unserem Land, nicht die Flüchtlinge“, so Berben in ihrer Laudatio für die Kategorie Bestes Nachrichten- und Informationsformat, in der Katharina Jansen und Gregor Glöckner für ihren „SWR3-Report: Jung - schnell - tot“ ausgezeichnet wurden. Die Auszeichnung als Beste Comedy räumten Philipp Schmid und Jochen Drechsler von 98.8 KISS FM mit ihren „Prenzlauer Berg News“ ab. Mit dem Innovationspreis für die App von Radio PSR und der Auszeichnung in der Kategorie Bestes Interview für Adrian Winkler und Michael Kothes (WDR3) ist die Riege der von der Jury bestimmten Gewinner vollständig.

Den Abend rund machte dann der Sonderpreis des Beirats: Der ging an A-ha. Spannender war dabei allerdings die Laudatio von Jörg Pilawa, der mit Barbara Schöneberger auf der Bühne erst einmal das Lob für diesen Abend in Hamburg mit einem Lästern über den Deutschen Fernsehpreis kombinierte. Der sei stets langweilig und uninspiriert gewesen. Und dann komme er hierher und merke, dass hier Menschen für ihr Medium brennen, ohne sich zu wichtig zu nehmen, so Pilawa. „Der Radiopreis ist der neue Fernehpreis.“ Der wiederum finde ja bald „hinter verschlossenen Türen“ statt.

Für den weiteren musikalischen Rahmen beim Deutschen Radiopreis sorgten u.a. aber nicht nur Olly Murs, George Ezra und Rea Garvey („In jedem Land gibts Idioten und wenn die laut sind, dann müssen wir lauter sein“). Der Deutsche Radiopreis wird seit 2010 von den Hörfunkprogrammen der ARD, Deutschlandradio und den privaten deutschen Radiosendern verliehen. Die Federführung bei der Verleihung liegt beim NDR. Kooperationspartner ist der Verband Radiozentrale sowie das Marler Grimme-Institut, welche auch die Juryarbeit betreut. Die Preisträger werden allein durch die elf-köpfige Fachjury - in diesem Jahr unter Vorsitz von DWDL.de-Chefreporter Torsten Zarges - gekürt.

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