Am vergangenen Sonntag widmete sich DWDL-Autor Hans Hoff mit einer bitterbösen TV-Kritik unter dem Titel „Das pure Grauen: Musikantenstadl - Stadlshow - tot“ der gänzlich missglückten Neuauflage des „Musikantenstadl“. Der Verriss der Sendung erreicht bei DWDL.de bislang mehr als 80.000 Leser, wurde bei Facebook tausendfach gelikt. Auch bei der österreichischen „Kronen Zeitung“, der größten Tageszeitung Österreichs, war man offenbar Fan von Hans Hoffs Abrechnung. Auf ihrer Website Krone.at veröffentlichte die Zeitung die TV-Kritik  kurzerhand nur unwesentlich gekürzt - und das ohne Rücksprache mit Autoren oder dem Medienmagazin DWDL.de.

Die Übernahme eines 8.500 Zeichen umfassenden Textes in einer nur um 900 Zeichen reduzierten Form ist längst nicht mehr durch das Zitatrecht abgedeckt. Gleichzeitig jedoch wird durch bewusst gestrichene Textstücke und umformulierte Ausdrücke dem Autoren - also Hans Hoff - eine so nie formulierte Meinung in den Mund gelegt und auch das ohne es mit dem Autoren gesprochen zu haben. Der von Krone.at illegal veröffentlichte Text erreichte bis Montagvormittag mehr als 100.000 Leser. Mit geklauten Inhalten konnte man also gut Reichweite erzielen, die dem Medienmagazin DWDL.de als Auftraggeber von Hans Hoff damit potentiell verloren ging.

Kopie der Kronenzeitung© Screenshot

In einem Schreiben an die Geschäftsführung und Chefredaktion der „Kronen Zeitung“ machte Hans Hoff auf die Urheberrechtsverletzung aufmerksam und verlangte eine Löschung der Kopie, eine Unterlassungserklärung sowie als Entschädigung für erlittene Rufschädigung und zustehendes Honorar eine Spende an Pro Asyl. Während jedoch Hans Hoff und DWDL.de noch auf eine Rückmeldung der „Kronen Zeitung“ warten, äußerte sich Richard Schmitt, Chefredakteur Krone Multimedia und Berater des Herausgebers, gegenüber dem Branchenmedium Horizont.at.

Auf Anfrage des Medienjournalisten Timo Niemeier - bis Mai diesen Jahres auch Autor beim Medienmagazin DWDL.de - reagierte Schmitt demnach mit völligem Unverständnis. Unerlaubte Nutzung von Texten gab es in den vergangenen 14 Jahren hin und wieder. Nie zuvor jedoch wurde der Klau von journalistischen Werken so dreist und absurd gerechtfertigt wie diesmal. Gleich mehrere Argumente führt Schmitt gegenüber Horizont.at als Rechtfertigung für die unerlaubte Textnutzung an - und alle sind schlicht unglaublich. Unglaublich lustig.

Man habe den Text nicht als eigene Leistung verkauft

Und einfach so ruft die „Kronen Zeitung“ in Eigenregie das Ende des Urheberrechts aus. Kann man mal machen. Macht man sich halt nur lächerlich mit.

Man werde ja auch nicht gefragt, wenn teilweise ganze Absätze aus eigenen Artikeln von fremden Medien übernommen würden

Schließlich lernt man schon als Kind von seinen Eltern: Wenn Andere etwas Unerlaubtes tun, darfst Du das natürlich auch. Verantwortung für das eigene Handeln wird völlig überbewertet.

Hans Hoff sei außerdem ein Künstler, der davon lebt gelesen zu werden

Nach Rücksprache mit Hans kann ich das klar dementieren: Er meinte, er lebt dann doch eher von den Honoraren für seine Arbeit.

Man verhelfe ihm durch die Veröffentlichung zu mehr Popularität

Herrlich, ein echter Klassiker. Um es kurz zu machen: Fragen Sie mal Musiker, was die von diesem Argument halten.

Man habe außerdem nicht die Zeit, immer bei Autoren nachzufragen, wenn man Artikel oder Text-Ausschnitte von ihnen verwende

Kein Scherz: Vor zwei Wochen wurde mir in London auf der Straße das Smartphone geklaut - und das ungefragt. Ich bin mir sicher, diese Diebe hatten auch einfach nur keine Zeit nachzufragen, ob sie es klauen dürfen.

Man würde sich freuen, wenn das alle Medien mit Artikeln der „Kronen Zeitung“ so machen würden

Erneut ist es eher unwahrscheinlich, dass Richard Schmitt eine Revolution des Urheberrechts ausrufen will. Wir raten zur Vorsicht: Besser keine Artikel der „Kronen Zeitung“ klauen. Aber wer würde das auch wollen?

Übrigens: Nach Veröffentlichung des Artikels von Horizont.at über diesen dreisten Textklau hat die „Kronen Zeitung“ den Artikel offline genommen. Irgendjemandem im Hause der „Kronen Zeitung“ war das vom eigenen Chefredakteur Multimedia verteidigte Verhalten dann wohl doch zu peinlich. Und so hat dieser absurde Text-Klau beinahe ein Happy End gefunden. Erkenntnis ist schließlich der erste Weg zur Besserung. Eine Spende für den guten Zweck als Honorarersatz wäre der zweite.

Update (12:26 Uhr):
Gegenüber dem "Standard"
kündigte Richard Schmitt inzwischen an, die geforderte Zahlung von 1.000 Euro an Pro Asyl "natürlich" vorzunehmen. Hans Hoff selbst wartet hingegen noch immer auf eine Antwort der "Kronen Zeitung".

Update (17:13 Uhr):
Inzwischen hat sich die "Krone" auch persönlich bei Hans Hoff gemeldet und in Aussicht gestellt, 1.000 Euro an Pro Asyl zu überweisen. Gleichzeitig erklärt sich das Blatt dazu bereit, künftig keinen der Texte ohne Genehmigung zu veröffentlichen.