Wann immer es auf Panels von Medienkongressen um die Zukunft des Fernsehens geht, schwingt in aller Regel ein gutes Stück Pessimismus mit. So gesehen war es geradezu erfrischend, dass „Zeit Online“-Chefredakteur Jochen Wegner den abschließenden Content-Gipfel der diesjährigen Medientage München mit 17 Gründen einleitete, warum der Untergang der Medien auch diesmal wieder ausfällt - zumindest seiner Meinung nach. Facebook, Google, Twitter und Apple hörten den Verlagen erstmals wirklich zu, stellte Wegner unter anderem fest und führte gleichzeitig an, dass viele Verlage derzeit experimentieren und investieren. Gleichzeitig betonte er, dass die klassische Homepage ebenso lebe wie der nicht minder oft totgesagte Desktop.

 

Und überhaupt: Apple sei ebenso wenig unsterblich wie Facebook - und selbst Google sei es nicht. Der Suchmaschinen-Riese habe ohnehin mobile so manche Probleme.  Die Antwort auf die Frage, die über dem gesamten Gipfel waberte, beantwortete Wegner daher kurzerhand selbst: „Wer hat Angst vor Facebook, Google und Apple? Niemand!“ So viel Optimismus war selten. „Wir dachten, wir sind unter uns und können mal die Wahrheit sagen“; scherzte der Chefredakteur, der anschließend gemeinsam mit dem freien Journalisten Richard Gutjahr und dem stellvertretenden „Süddeutsche.de“-Chefredakteur Lutz Knappmann diskutierte. Die waren allerdings nicht ganz so gut gelaunt wie ihr Kollege aus Hamburg. „Ja, es läuft. Aber wir müssen auch wirklich etwas dafür tun, dass es weiterläuft“, sagte Knappmann. Gutjahr sprach von einem „rauen Wind da draußen“, den er als Freier besonders zu spüren bekomme.

Ein großer Teil der Diskussion drehte sich um Facebooks Instant Articles, also jene Artikel, die Verlage zukünftig direkt auf Facebook einbinden können, um so die Ladezeiten spürbar zu reduzieren. Demnächst startet das Projekt in die Betaphase, an der sich hierzulande nicht nur „Bild“ und „Spiegel Online“ beteiligen werden, sondern auch „Zeit Online“. „Wir sollten uns das von innen anschauen und nicht nur darüber reden“, erklärte Jochen Wegner in München die Entscheidung seines Hauses, an dem Projekt mitzuwirken. Dass sich die Kollegen von der „SZ“ nicht daran beteiligen, liegt nicht zuletzt am Bezahlmodell, das man kürzlich eingeführt habe - und für das Facebook zunächst keine Lösungen anbietet. „Das ist ein ganz entscheidendes Problem“, so Lutz Knappmann.

Kritik kam auch hier von Richard Gutjahr. Er störte sich an der plötzlichen Facebook-Eurphorie in der Runde. Journalisten würden „mehr oder weniger zu Pressesprechern von Facebook“, sagte er und äußerte zugleich die Sorge, dass sich sein Berufsstand durch das soziale Netzwerk das Zepter aus der Hand nehmen lasse. „Facebook hat den Hut auf in der Partnerschaft“, gab Gutjahr zu bedenken. Heiko Hebig, inzwischen als Partnership Manager bei Facebook tätig, sieht das freilich ganz anders. So handle es sich bei den Instant Articles um Inhalte, die sowieso auf der Website veröffentlicht würden, betonte er. Die Sorgenfalten auf der Stirn von Gutjahr und „Süddeutsche.de“-Mann Lutz Knappmann konnte er allerdings nicht beseitigen, bleiben doch noch zu viele Fragen offen. Etwa jene, ob Instant Articles von Facebook in den Timelines seiner Nutzer bevorzugt behandelt werden.

Unterstützung, wenn auch nicht uneingeschränkt, bekam der Facebook-Vertreter in München von Ole Reißmann, der die Redaktion des jungen „Spiegel Online“-Ablegers Bento leitet. „Facebook ist ein nützliches Vehikel, um Journalismus unter die Leute zu bringen“, sagte Reißmann und verwies auf ein "potenzielles Millionenpublikum"; das Bento dank Facebook schon kurz nach dem Start erreichen könne. Angebote wie dieses, aber auch „Buzzfeed“ oder das eigene Portal „Ze.tt“ wären ohne Facebook nicht denkbar, erklärte „Zeit Online“-Chefredakteur Wegner. "Zeit Online" könne hingegen auch ohne Facebook gut leben. Das Experimentieren mit den Instant Articles will er sich dann aber doch nicht entgehen lassen.