Die 360-Grad-Verbreitung des Programms ist ein erklärtes Ziel von WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn. Die News-Offensive „#3sechzich“ sollte ein Teil dieser Strategie werden und junge Gebührenzahler im Netz erreichen. "Tagesaktuelle Informationen für NRW sind eine Kernkompetenz des WDR. Damit wollen wir jetzt eine Altersgruppe erreichen, die uns bisher eher fern bleibt“, sagte Stefan Brandenburg, Leiter der Programmgruppe Aktuelles, beim Start des Projekts im Januar diesen Jahres. Erreicht wurde sie allerdings nicht.

Der YouTube-Kanal sammelte in den vergangenen zehn Monaten nur knapp 6.900 Abonnenten ein, bei Twitter erreichte man nur 3.200 Follower, bei Facebook gut 3.000 Fans und bei Instagram noch einmal weniger als die Hälfte (knapp 1.500). Reichweiten, die nach Informationen des Medienmagazins DWDL.de weit unter den WDR-internen Erwartungen lagen. Demnach hätte das zunächst auf ein Jahr angelegte Projekt am Ende auf diesen Kanälen mindestens die zehnfache Reichweite erzielen sollen.

Jörg Schönenborn und Stefan Brandenburg hielten den Kolleginnen und Kollegen dennoch trotz interner Kritik über verschwendete Ressourcen den Rücken frei. Dazu passt, dass Brandenburg schon vor dem Start klar machte, dass bei „#3sechzich“ der Weg ein Stück weit das Ziel sei: “Ich wünsche mir, dass dieses Projekt eine Leichtigkeit und eine Experimentierfreude behält. Wir müssen offen sein, Neues zu entdecken.“ Diese Chance hat man genutzt, auch wenn jetzt nach einem Jahr Schluss ist mit WDR #3sechzich.

Überraschend kommt das Aus auch nicht. Bereits im Sommer hatte man alle ursprünglichen Planungen aufgrund des ausbleibenden Erfolges bei der Zielgruppe über Bord geworfen. Tagesaktualität spielte immer weniger eine Rolle, kurze News-Videos auf Instagram sowie monothematische Presenter-News auf YouTube wurden beendet. Einige der Presenter-News - die stets mit „Hallo zusammen. Hier ist der WDR“ eröffneten - erreichten weniger als tausend Zuschauer.

Statt tagesaktueller News aus dem Studio ging das Team hinter „#3sechzich“ verstärkt auf längere Recherche und lieferte zu wochenaktuellen Themen ungewöhnliche, weil persönliche Eindrücke von Betroffenen, Akteuren wie auch den Reportern selbst. So entstanden seit dem Sommer mehrheitlich Dokus und Reportagen in der Länge zwischen 10 und 15 Minuten. Mehr Tiefe zu liefern statt Aktualität, ist möglicherweise die wertvollste Erkenntnis des Projekts.

Ebenfalls schon im Sommer wurden die für Instagram mehrfach täglich produzierten „InstaNews“ eingestellt. Fortan wurde der Kanal für Eindrücke von Dreharbeiten sowie gelegentliche Experimente mit Infografiken, u.a. auch in Form der Serie „Weißt du, was du da likest?“ über leichtsinnigen Umgang mit Social Media-Seiten und -Postings, genutzt. Während man bei YouTube auf längere Stücke setzte, blieb man hier und auch bei Facebook bei Experimenten mit Snackable Content.

Auf Anfrage bestätigt der WDR am Wochenende die Informationen des Medienmagazins DWDL.de. #3sechzich werde in seiner jetzigen Form nicht fortgeführt. „Das war ein Projekt, das die Macher mit viel Leidenschaft und Kreativität betrieben haben, das in dieser Form jedoch gemessen an dem betriebenen Aufwand nicht die gewünschte Resonanz bei den Usern gefunden hat“, erklärt eine WDR-Sprecherin. Von tagesaktuellen Nachrichten für eine junge  Zielgruppe ist keine Rede mehr.

Dennoch will man die gemachten Erfahrungen nutzen. „Der zuständige Programmbereich wird nun aufbauend auf #3sechzich weiter neue Erzählformen und Formate im Netz entwickeln und testen, u.a. im Webdoku-Bereich“, teilt der WDR auf Anfrage mit. Es deckt sich mit den zuletzt schon längeren Hintergrundstücken, die über die Kanäle von #3sechzich verbreitet wurden. Über welche Wege diese dann im Netz zur Verfügung gestellt werden sollen, ist noch unklar. Jörg Schönenborn jedenfalls hält weiter den Rücken frei: Er stellt auch künftig Sonder-Etat-Mittel zur Verfügung. Über den Umfang wurde nichts bekannt.